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Lesermeinung: Deplatzierter Klotz in der Breiten Straße

Zum Interview „Kulturgeschichtlich wertvoll“ mit dem Historiker Christoph Bernhardt, 25.1.

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Zum Interview „Kulturgeschichtlich wertvoll“ mit dem Historiker Christoph Bernhardt, 25.1. 2012

Leider vermisse ich in PNN-Artikeln zur „DDR-Baukultur“ die Betrachtungen zum städtebaulichen Kontext und dem damit oft verbundenen Baufrevel. Ein Bauwerk sollte nicht isoliert beurteilt werden. Nicht nur, dass Bausünden der 60er und 70er Jahre verklärt betrachtet und mir als kunsthistorisches Baudokument suggeriert werden sollen, der Autor ignoriert die Bunkermentalität des autoritären DDR-Regimes. Da wird der vollkommen deplatzierte Klotz des Rechenzentrums in der Breiten Straße mit seinen faden Farbfriesen vermauert, dem Bürger also jegliche Transparenz verweigert, zum Symbol anspruchsvoller Architektur erhoben, Herr Bernhardt kennt wohl nicht das gelungene Beispiel des IBM-Hauses am Ernst-Reuter-Platz in Berlin, ein Rechenzentrum zu ebener Erde mit großen Glasfronten, die Passanten zur Besichtigung einladen. Ansonsten ist der Platz ein städtebauliches Desaster, es fehlt dem Ort mit seiner klotzigen Bauwut jener Zeit jegliche Aufenthaltsqualität. Ich erwarte heute, dass so ein Platz nicht erhalten bleibt und dass die Fehler korrigiert werden. Das schließt Abriss nicht aus, deswegen geht dem ehemaligen Westberliner die Identität nicht verloren. Ich vermute, dass Herr Bernhardt über den Erhalt der meist banalen DDR-Architektur (und ich impliziere hier auch die Scheußlichkeiten der Bundesrepublik) im gediegenen Ambiente seines Zuhauses oder auch Ihrer Redaktion räsoniert und nicht im Umfeld der sozialistischen Tristesse einer Breiten Straße.

R. Peter Leidig, Potsdam

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