Lesermeinung: Der holprige Weg auf der Gymnasiallaufbahn
Hochbegabte Kinder sollen individuell gefördert werden, 20.7.
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Hochbegabte Kinder sollen individuell gefördert werden, 20.7.
Möglichst alle mitzunehmen heißt nicht, viele Schüler mit aller Gewalt unvorbereitet in die Gymnasiallaufbahn zu zwängen, nur, weil man es als ungerecht empfindet, dass Kinder bildungsferner Elternhäuser bis zum Eintritt in eine weiterführende Schule weniger Hilfe und damit Bildungspotential erhalten haben. Vielmehr sollten wir uns mit gleichem Nachdruck für die bestmögliche Unterstützung hoch- und untypisch begabter Kinder einsetzen. Andernfalls gefährdet die ohnehin nicht zum Besten bestellte Bildungsmotivation eine zunehmend größer werdenden Zahl über- und unterforderter Schüler. Wir vergeuden zusätzlich ein Potential an Spitzenleistung, welches dann die zukünftigen Bildungsjahrgänge finanziell besser ausstatten könnte. Natürlich können die vorgesehenen Stützpunkte der Begabtenförderung für sich allein keine optimale Förderung sicherstellen. Aber sie umschreiben eine bildungspolitische Zielstellung, die Eltern und Lehrer täglich neu ausfüllen und Bildungsbetriebe und Forschungseinrichtungen sowie gesellschaftliche Multiplikatoren flankieren können. Der erste Schritt ist getan.
Martin Klemm, Nuthetal
Zum Leserbrief „Zugang verengt“, 20.7.
Was heißt „Die Tagesform eines Sechstklässlers und die Zensuren in drei Kernfächern sollen künftig darüber entscheiden, ob jemand aufs Gymnasium gehen darf?“ Unserem Sohn passierte dies schon vor zwei Jahren. Er erlitt zu Beginn der sechsten Klasse bei einem Unfall einen Kreuzbandausriss. In Folge dessen fehlte er im ersten Schulhalbjahr einige Wochen, da er im Krankenhaus lag. Den damit verbundenen Unterrichtsausfall konnten wir nicht gleich auffangen und zu seinem Pech wurden stets, wenn er nach einigen Tagen Fehlzeit wiederkam, Kontrollarbeiten geschrieben. Am Ende des Halbjahres wurde uns dann eine Absage für die Gymnasialempfehlung erteilt, der Notendurchschnitt von 2,13 war nicht ausreichend und in den „Hauptfächern“ hatten sich durch die langen Fehlzeiten einige dreien angesammelt. Die Noten der fünften Klasse (Schnitt 2,0) wurden gar nicht erst berücksichtigt.
Da ich selbst Lehrerin in einer Grundschule in Berlin bin, weiß ich, dass dort alle Schüler die Gymnasialempfehlung bis zum Notendurchschnitt von 2,3 bekommen. Ich fand die Entscheidung der Grundschule damals schon sehr unfair. Unser Sohn bewarb sich trotzdem am Gymnasium in Teltow, wurde aber abgelehnt. Das Kreuz bei der Empfehlung war an der falschen Stelle. Wir haben damals den Brief an das Schulamt verworfen und uns vielleicht zu schnell damit abgefunden, andere haben sich wahrscheinlich gleich beschwert und kamen so zu einer Gymnasialempfehlung. Unser Sohn begann an der Gesamtschule in Kleinmachnow die siebte Klasse und wollte nun zum Gymnasium wechseln, weil wir als Eltern der Schulentwicklung im Kreis Potsdam-Mittelmark skeptisch entgegen blicken, da ja zunehmend die Gymnasialen Oberstufen an den Gesamtschulen gestrichen werden. Es ist ja offiziell, dass diese in Belzig, Lehnin und Ziesar zum neuen Schuljahr wegfallen. Wir denken, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch Kleinmachnow dran kommt. Mit Beginn des zweiten Halbjahres beantragten wir deshalb einen Schulwechsel zum Immanuel-Kant-Gymnasium in Teltow. Nun bekamen wir mit Beginn der Sommerferien die Antwort auf unseren Antrag : „aus schulorganisatorischen Gründen nicht möglich“ steht darin. Der Schulleiter hat sich das letzte Zeugnis nicht mal angesehen und wir denken, dass unser Sohn mit einem Durchschnitt von 1,8 und fünf E-Kursen (=Leistungskurse) einer der besten am Gymnasium sein könnte. Warum legt man jungen Menschen, die willig sind etwas zu erreichen, solche Steine in den Weg zum Abitur? Die Wirtschaft beschwert sich ständig über unzureichend gebildete Schulabgänger, aber woher sollen sie kommen, wenn man ihnen mit Beginn der Oberschulzeit schon die Karriere verbaut? Es ist vorprogrammiert, dass die Schüler bei solchen Aussichten und Ablehnungen die Lust am Lernen verlieren.
Name ist der Redaktion bekannt
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