Lesermeinung: „Der Schlosshof muss überhaupt nicht überbaut werden!“
Speer: Hof des Landtags muss überbaut werden, 14.12.
Stand:
Speer: Hof des Landtags muss überbaut werden, 14.12.2007
Dass Minister Speer seit dem Beginn des Verfahrens alles tut, um dem Landtags-„Neubau" alles Schlossähnliche auszutreiben, wird fast wöchentlich öffentlich. Für den Schlossverein und „Mitteschön“ ist dies eine Anerkennung. Es zeigt, dass einfache Bürger der Regierung den Willen der Bevölkerung pro Potsdamer Stadtschloss zur Kenntnis geben dürfen. Nun muss also der Schlosshof überbaut werden. Nein, der Schlosshof muss überhaupt nicht überbaut werden! Der Landtagsbeschluss vom Mai 2005 bietet Alternativen. Dass der Bürobedarf für ein gemeinsames Landesparlament Berlin-Brandenburg unterzubringen ist, ist spätestens seit den Entwürfen der Potsdamer Planer um den Architekten Christopher Kühn nachgewiesen. Ein Schlosshof sieht zu sehr nach Schloss aus, darum scheint es zu gehen. Gerade dieser Hof war aber integraler Bestandteil des Knobelsdorffschen'' Gesamtkunstwerks. Denn er garantierte ganz bewusst Öffentlichkeit. Er war einer der bedeutendsten Freilufträume der europäischen Kunstgeschichte und ist bis zuletzt für hoch bedeutende kulturelle Veranstaltungen genutzt worden. Ihn zu überbauen, wäre wie den Dresdner Zwingerhof zuzustellen. Ihn zu öffnen, hieße, Potsdam bekäme das einzige Parlament, das die Öffentlichkeit in die Mitte holt. Und obwohl dieser Schlosshof nach der Spende von Hasso Plattner finanzierbar wäre, werden mit solchen Ministeräußerungen schon wieder im Vorfeld unnützerweise Weichen gegen kreatives Nachdenken gestellt. Dieses Nicht-Wissen und Nicht-Wollen spricht kulturell Bände.
Dr. Hans-Joachim Kuke, Vorstand Verein Potsdamer Stadtschloß e.V.
Ende der Verkrampfungen?
Die großzügige Spende von Hasso Plattner ermöglicht die Verwirklichung eines Traumes: Den Wiederaufbau des Stadtschlosses in seinen äußeren Formen und mit seiner historischen Fassade. Wie reagiert das offizielle Potsdam auf diese außergewöhnlich großzügige Spende? Man reibt sich verwundert die Augen: Die Reaktionen kann man bestenfalls als „matt“ bezeichnen. Dresden hat mit dem Wiederaufbau der Frauenkirche gezeigt, wie erfolgreich sich ein solches Vorhaben auf Bürgerbewusstsein, Stadtentwicklung und Tourismus auswirkt. Ähnlich könnte es in Potsdam kommen: Der Knobelsdorff-Bau ist Kern der rundum neu zu schaffenden modernen Bebauung. Damit setzt er einen Qualitätsmaßstab für die zeitgenössische Architektur. Aufgrund der erheblichen Aufwertung der umgebenden Grundstücke ist Qualität wirtschaftlich sinnvoll und finanzierbar. In einem entscheidenden Punkt gibt es eine direkte Parallele zur Rekonstruktion des Belvedere auf dem Pfingstberg. Die Herren Reemtsma und Otto, die dafür mehrere Millionen Euro bereitstellten, ließen sich vom unermüdlichen Einsatz der Mitglieder des Pfingstbergvereins begeistern. Hasso Plattner ist nach eigener Aussage durch den Aktienverkauf zugunsten des Stadtschlosses der Bürgerinitiative „Mitteschön“ auf das starke Anliegen der Potsdamer aufmerksam geworden. Matthias Platzeck hat in seiner Zeit als Oberbürgermeister die Debatte ins Rollen gebracht, das Stadtschloss mit der Nutzung als Landtag wieder zu gewinnen. Die Kosten für die historische Fassade sollten aus Spendenmitteln aufgebracht werden. Günther Jauch hat dann mit der Errichtung des Fortunaportals einen schönen Impuls für das weitere Vorgehen gegeben.
Das Plenum des Landtages hatte im Mai 2005 beschlossen, dass der Landtagsneubau in den äußeren Um- und Aufrissen des ursprünglichen Gebäudes zu errichten sei. Und nur das Wiederaufgreifen des historischen Vorbildes rechtfertige die Veränderung der gesamten Verkehrführung für mehrere Millionen Euro. Das bisherige Verfahren konnte den Erwartungen und Vorgaben nicht gerecht werden. Der Landtag als „Haus des Volkes“ wurde nicht in einem öffentlich diskutierten Architektenwettbewerb ausgeschrieben ( und gegebenenfalls erst anschließend Bau und Betrieb als öffentlich-privates Partnerschaftsprojekt). Vielmehr wurde ein ÖPP-Verfahren gewählt, das dem Investor auch den Vorschlag für die zu wählende Architektur überließ. Architektur und städtebauliche Qualität konnten bei diesem Vorgehen und dem engen Kostenrahmen keine angemessene Rolle mehr spielen.
Gerade noch rechtzeitig hat Hasso Plattner allen Betroffenen aus einer gewaltigen Bredouille geholfen.
Das Mindeste, worum es jetzt geht: Den Großspender nicht derart zu verärgern, dass er seine Spendenbereitschaft zurücknimmt. Besser wäre es, den Bau des Landtags in der Gestalt des Stadtschlosses als Zeichen für Demokratie und Bürgersinn in Potsdam zu nutzen. Und dazu gehört auch die Anerkennung für den bisherigen Einsatz der Bürger, der Bürgerinitative „Mitteschön“, des Stadtschlossvereins und argus e.V..
Friedhelm Schmitz-Jersch, Schwielowsee
Zum Leserbrief „Vorsicht vor Kulissenschiebern!“, 14.12.
Der Architekt aus Frankfurt/Oder sollte mal nach Potsdam reisen und durch das spazieren, was von der Kernstadt und der „Ersten Barocken Stadterweiterung“ übrig ist. Allerorten wird er in der historischen Bausubstanz Beispiele für „Kulissenschieberei“ finden. Friedrich II. achtete auf die Gesamtwirkung des Straßenbildes und nicht auf das, was hinter den Schauseiten lag. Da wurden nebeneinander liegende Bürgerhäuser durch davor gebaute Großfassaden zu wahren Palästen zusammengefasst, auch wenn innen die Verhältnisse eher bescheiden blieben. Und wer einen Blick auf die Hiller-Brandtschen Häuser wirft, der sieht, dass sie mehr Geschosse enthalten, als die dreistöckigen Fassaden vermuten lassen. Diese „Kulissenschieberei“ im besten Sinne ist ureigener Teil der Potsdamer Bautradition. Wenn das Schlossparlament dank der Spende von Herrn Plattner auf diese Weise kommen sollte: Immer her
damit!
Christoph Trusch, Potsdam
Schloss mit klimaschonender Technik?
Es fällt auf, dass bisher nicht vom Energiestatus des Gebäudes die Rede war. Ich hoffe doch sehr, dass dieses neue alte Gebäude mit der allerneuesten und klimaschonenden Technik ausgerüstet wird. Hier rechtzeitig die Weichen zu stellen, erscheint mir weit wichtiger als die originalgetreuen Putten, Vasen und so weiter.
Ingrid Kube, Potsdam
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