Lesermeinung: Der volle Verwaltungsirrsinn
Zu: „Das Missfallen“, 24.9.
Stand:
Zu: „Das Missfallen“, 24.9.
Das, und genau das verstehe ich unter gehaltvollem Journalismus. Ihr Beitrag ist in der Tat eine Guideline in Sachen Potsdamer Stadtpolitik.
Mir ist es ebenso ergangen, als ich mich vor zwei Jahren entschlossen hatte, einen Bauantrag zu stellen. Und gerade weil ich nicht einmal annähernd in der Liga von Plattner, Jauch & Co. spiele, traf mich der volle Verwaltungsirrsinn der Stadt. Ich zog bis vors Oberverwaltungsgericht gegen den Ablehnungsbescheid einer Umnutzung eines völlig verfallenen Gebäudes und verlor. Mit an den Haaren herbeigezogener Argumentation und einer aus dem Nichts geborenen Ignoranz gegenüber meinem Begehren fuhr man übergroße juristische Geschütze auf, die selbst meinem eingefleischten Potsdamer Anwalt den kalten Schweiß auf seine Stirn trieben. Das Einzige, was mir blieb, waren sechs Kostenbescheide der Bau- und Stadtverwaltung und einige Kostennoten der Gerichte. Ich begegnete Frauen und einem Mann aus der Stadtverwaltung, die – vermutlich völlig frustriert – aus mir nicht ersichtlichen Gründen permanent an ihrer unkonstruktiven und nicht kompromissbereiten Grundeinstellung festhielten. So als wollte man mir sagen: „Wir wollen Sie hier nicht.“ Dabei wäre ich so gern nach Potsdam gezogen!
Anyway, ich kann diese Herren verstehen, wenn sie dessen irgendwann überdrüssig sind und die Euphorie für „ihre“ Stadt parabolisch in die Resignation abgleitet. Leider bewahrt uns eine funktionierende Demokratie nicht immer vor der Ermächtigung Einzelner, ein Amt und dessen verwaltungsrechtlichen Stellenwert mit Neid und Obrigkeitsgefühl zu füllen. Das ist schade für Potsdam, weil nicht nur ich und Sie diese Stadt gern haben, sondern Hunderttausende Menschen den Wandel von dem einst großen „Campus“ der DDR-Parteihochschule hin zur Europastadt genießen. Die Voraussetzungen und vor allem die Kraft hat diese Stadt. Die Menschen müssen nur aufpassen, dass Demokratie und Gemeinschaftsgefühl nicht zur Karikatur von großzügigen Spendern und einem übersatten Amtsschimmel gezeichnet werden, denn dann hätte es keiner Wende bedurft. In diesem Sinne werde ich weiter jeden Tag PNN lesen und mich darüber freuen, dass es diese schöne Stadt gibt und sie Stück für Stück trotz, oder gerade wegen der Missgunst einiger weniger immer schöner wird.
Michael Decker, Schwarzenberg
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: