zum Hauptinhalt

Lesermeinung: „Die Behauptung, Förderschulen bereiten nicht auf das Leben vor, ist eine Beleidigung“

Zum Beitrag: „ ’So nicht zu packen’. Machbar oder nicht: SPD-Ortsverein diskutierte mit Eltern und Bildungsexperten über Inklusion“Als Sozialarbeiterin, die seit vier Jahren an der Förderschule für „Lernen“ in Kleinmachnow arbeitet, möchte ich einige Anmerkungen zum Artikel machen.

Stand:

Zum Beitrag: „ ’So nicht zu packen’. Machbar oder nicht: SPD-Ortsverein diskutierte mit Eltern und Bildungsexperten über Inklusion“

Als Sozialarbeiterin, die seit vier Jahren an der Förderschule für „Lernen“ in Kleinmachnow arbeitet, möchte ich einige Anmerkungen zum Artikel machen.

Wenn man bei zwei Down-Syndrom-Kindern an einer Schule von Inklusion spricht, hat man den Grundgedanken nicht verstanden.

Es ist vielmehr so, dass Inklusion nur gelingen kann, wenn Schüler mit und ohne Förderbedarf in gleichen Teilen an der Schule vertreten sind. Anders ist es nicht möglich die „bisher Ausgesonderten vor der prägnanten Erfahrung anders zu sein“ zu schützen, wie Frau Münch es so schön ausdrückte.

Denn die Schüler, die die Förderschule „Lernen“ in Kleinmachnow besuchen, fühlen sich nicht durch diese Schulform ausgesondert, sondern kamen mit Erfahrungen des Ausgegrenztwerdens aus dem gemeinsamen Unterricht. Für viele ist es eine schreckliche Vorstellung, wieder in den gemeinsamen Unterricht geschickt zu werden. In einem Projekt zum Thema „Toleranz“ fragte eine Schülerin, ob es nicht Diskriminierung sei, wenn die Förderschulen abgeschafft werden, da viele der Schüler auf anderen Schulen nicht klarkommen würden. Es ist das Phänomen, das oft zu beobachten ist: die Politik entscheidet, ohne die Betroffenen zu fragen, was sie davon halten.

Es ist richtig, dass es in anderen Ländern klappt und es ist auch richtig, dass es wünschenswert ist, dass alle Kinder eine Schule besuchen und dass endlich niemand mehr ausgegrenzt wird, weil er anders ist als andere. Aber dafür benötigt es neben kleineren Klassen und viel Fachpersonal vor allem auch ein Umdenken in der Gesellschaft. Warum fangen wir nicht damit an, die Förderschulabschlüsse als Schulabschlüsse anzuerkennen? Es ist nicht die Schulform, die ausgrenzt, sondern der Umgang der Gesellschaft mit ihr. Daher wird sich der Umgang mit den Schülern auch nicht dadurch ändern, dass alle auf eine Schule gesteckt werden.

Ich finde es absolut unangemessen, Förderschulen als „gut ausgestattete kuschelige Nester“ zu bezeichnen, die „leider nicht auf das Leben vorbereiten“. Neben dem normalen Schulunterricht sind an der Förderschule „Lernen“ in Kleinmachnow Hauswirtschaft, und PC-Unterricht, sowie diverse Projekte zu Themen wie Soziale Kompetenz, Lebensplanung, gesunde Lebensweise und Gewaltprävention fest im Schulprogramm integriert. Darüber hinaus wird dem Praxislernen ein hoher Stellenwert beigemessen, so dass es in den letzten Jahren häufig vorkam, dass Schüler die Schule mit einem Ausbildungsvertrag in der Tasche verlassen haben.

Die Behauptung, dass Förderschulen nicht auf das Leben vorbereiten würden, ist eine Beleidigung für die Schulleitungen und Kollegien der Förderschulen, die täglich mit viel Engagement gute Arbeit leisten.

Anna Rabien, Dipl.-Pädagogin, JOB e.V.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })