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Lesermeinung: „Dorgerloh-Schranken“ und aggressive Parkwächter

Bewegungsfreiheit für KinderfüßePotsdam, die tolerante und liebenswerte Stadt entwickelt sich zunehmend zu einem Musterstädle dienstbeflissener Polizisten, wachsamer Parkbeschützer und buchstabengetreuer Verwaltungsangestellter. Was man eigentlich nur noch alten Geschichtsbüchern entnehmen konnte: Hier wird er wieder lebendig, der ordnungsliebende Geist lang überwunden geglaubter Zeiten.

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Bewegungsfreiheit für Kinderfüße

Potsdam, die tolerante und liebenswerte Stadt entwickelt sich zunehmend zu einem Musterstädle dienstbeflissener Polizisten, wachsamer Parkbeschützer und buchstabengetreuer Verwaltungsangestellter. Was man eigentlich nur noch alten Geschichtsbüchern entnehmen konnte: Hier wird er wieder lebendig, der ordnungsliebende Geist lang überwunden geglaubter Zeiten. Polizeipräsident, Generaldirektor und Oberbürgermeister reichen sich die Hand im Kampf gegen das Böse in der Stadt. Ich wünsche mir kein Chaos für meine Stadt, ich wünsche mir aber Bewegungsfreiheit für Kinderfüße und Fahrradfahrer. Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme reichen aus, um ein friedvolles Miteinander nicht nur im Verkehr, sondern überall in der Stadt zu gewährleisten. Das schließt rücksichtsvolles Fahrradfahren auf einem Bürgersteig genau so ein, wie ein verliebtes Paar in einer Langgraswiese der Schlösserstiftung.

Jochen Schalinski, Potsdam

Parkordner auf Sanssouci konzentrieren!

Vom Eingang Schloss Charlottenhof gehen wir zum Maschinenteich. Dort versucht ein Angler sein Glück. Weiter zum Eingang Kuhtor. Dort lagern auf der gemähten Rasenfläche etwa 30 junge Frauen. Weiter zum Teehaus. Dort hat es sich eine Familie auf dem Rasen gemütlich gemacht. Zwanzig Meter weiter stehen zwei Fahrräder auf dem Rasen mit ihren lagernden Besitzern. In Richtung Große Fontäne: Unter schattigen Bäumen wird Picknick mit Decke gemacht. Auf der anderen Seite des Grabens sehen wir eine Familie mit Kinderwagen im hohen Gras. In Höhe der Gartendirektion werden viele Fahrräder an den Bäumen abgestellt. Wir vermuten, dass die Parkordner im Park Babelsberg sind. Herr Dorgerloh wäre gut beraten, wenn er die Ordnungskräfte auf Sanssouci konzentriert. Park Babelsberg könnte zumindest zwischen Alt Nowawes und Kindermannsee als Volkspark erhalten werden, Der Uferweg sollte als Fahrradweg genutzt werden können.

H. D. Rosenfeld, Potsdam

Sofortige Demontage der Sperren!

Die „Dorgerloh-Schranken“ stellen eine Behinderung für alle „geräderten“ Passanten dar. Radler müssen sich durch die neuen Nadelöhre zwängen, Eltern mit Zweitkind, die einen Anhänger oder Bollerwagen benutzen, kommen gar nicht mehr durch – Rollstuhlfahrer auch nicht. Es gibt zu diesem aberwitzigen Versuch, die Parkordnung mit der Errichtung von Barrikaden durchzusetzen, nur eine richtige Antwort: die sofortige Demontage der Sperren. Sie sind hässlich und überflüssig, ihre Aufstellung war ein schlechter Schildbürgerstreich. Wer behindert ist, wer mit Kinderwagen oder Fahrradanhänger unterwegs ist, weiß jede Erleichterung zu schätzen. Für die Potsdamer sind die Parks mit ihrem ausgedehnten Flächen ein unverzichtbarer Teil der täglich zu absolvierenden Wege. Soll, wer sein Kind mit dem Fahrrad zur Schule bringt, abgedrängt werden auf die verkehrsreichen Straßen, oder zu irrsinnigen Umwegen gezwungen werden? Der Versuch, mit der neuen Parkordnung ein Stück Normalität zu schaffen, ist zu begrüßen. Aber die Regeln müssen auch einen Sinn machen. Und eine Verschandelung der Parkeingänge durch die Schlösserstiftung selbst – das ist reiner Zynismus.

Klaus-Peter Möller, Potsdam

„Ich befehle ihnen, die Wiese zu verlassen“

Es ist schön, dass die Parkwächter nun in Lohn und Brot stehen. Doch ist es vor allem der Ton, der die Musik macht. Wir sind Neupotsdamer und haben uns in diese Stadt verliebt. Wir gingen im Neuen Garten spazieren und setzten uns kurz auf eine Wiese am Wasser. Nach drei Minuten kam ein extrem aufgeregter Parkwächter, zückte mit den Worten „Ich befehle ihnen die Wiese zu verlassen“ seinen Quittungsblock und verlangte zehn Euro von uns. Auf unseren Einwand, dass wir neu in der Stadt und überrascht sind, dass man sich nicht auf eine Wiese setzen darf, erwiderte er, darauf dürfe er keine Rücksicht nehmen. Wieder verlangte er das Bußgeld von uns. Wir baten ihn, uns zu sagen, wo wir uns denn hinsetzen dürften und schlugen ihm vor, es bei einer mündlichen Verwarnung zu belassen. Im harscher werdendem Tonfall erwiderte er, dass stünde nicht zur Debatte. Wir verweigerten die Zahlung, gaben ihm auch keine Auskunft über unsere Identität. Daraufhin erzählte der unfreundliche Parkwächter uns folgende Räuberpistole: Das Bildmaterial, das angeblich bei Betreten des Parks von uns gemacht wurde, würde nun mit den von uns gespeicherten Passbildern bei der Meldestelle abgeglichen. Wir würden angeschrieben und müssten dann 1000 Euro zahlen.

Ich meine, dass Touristen, damit leben müssen, dass auch ein paar Potsdamer ihre Freizeit in den Parks genießen. Ich hoffe, dass die Stiftung ihre jetzige Praxis aufgibt und keine Parkpolitik gegen die Bürger und den gesunden Menschenverstand macht. Es kann doch nicht angehen, dass in der Stadt, die zu einem Drittel aus Stadt, einem Drittel aus Parks und einem Drittel aus Wasser besteht, es keinen Platz für die Bürger gibt. Es kann nicht sein, dass man dem Jahresmotto „Faszination Wasser“ auf der Insel Potsdam nur nachgehen kann, wenn man ein Seegrundstück oder eine Yacht besitzt oder Eintritt für eines der beiden kümmerlichen Strandbäder bezahlt. Ich hege aber große Hoffnung für den bürgerlichen Ungehorsam der Potsdamer. Sie werden sich ihre Stadt nicht privatisieren lassen!

Christian Schliebs, Potsdam

Kinder ärgern sich über unverständliche Antworten

Wir Kinder würden uns freuen, wenn der Park so bleibt wie er ist. Zwei aus unserer Klasse 4b waren bei der Talkrunde am 2. Mai dabei. Sie haben sich geärgert, dass Herr Dorgerloh nicht verständlich auf ihre Fragen antwortete. Wir wünschen uns, dass man im Park wieder Fahrrad fahren darf. Herrn Dorgerlohs Einwände finden wir falsch. Die Wege werden durch Wildschweine oder schwere Gartenfahrzeuge beschädigt. nser Vorschlag wäre, dass einige Wiesen in Ufernähe zum Picknicken, Ausruhen und Spielen verfügbar wären. Unter „Picknicken“ verstehen wir nicht „Grillen“. Wir würden uns freuen, wenn im Strandbad Babelsberg der Zaun, die Strandkörbe und die Duschen abgeschafft werden und der Eintritt frei ist.

Jurena E. und Pia G., Klasse 4b der Schule 33, Potsdam

In Potsdamer Parks nur mit Pfefferspray

Heute morgen ging ich durch den Park Sanssouci. Auf dem Weg begegnete ich drei Parkwächtern mit einem Wachhund. Dieser Hund hatte nichts besseres zu tun als sofort mit fletschenden Zähnen auf mich los zu stürmen. Die Leine war aber so lang, dass die Wächter den Hund nicht wirklich unter Kontrolle hatten, ich konnte mich nur mit einem Sprung nach hinten retten. Auf die Frage, was das bitte solle wurde ich nur höhnisch ausgelacht und mir mitgeteilt, man müsse sich gegen Parksünder zu helfen wissen. Ich hatte den Eindruck, dass der Hund kein ausgebildeter Wachhund war. Ich für meinen Teil werde ab jetzt einen Pfefferspray mit mir führen, vor allem, wenn ich mit meinen Kindern die Potsdamer Parks betrete.

Thorsten Kellermann, Potsdam

Barrieren verunstalten das Welterbe

Ich protestiere gegen die von der Stiftung veranlassten Verunstaltungen der Parktore. Ist die Denkmalpflege eigentlich in die Baumaßnahmen einbezogen worden? Die Fahrradbarrieren an der Gotischen Bibliothek beispielsweise verunstalten empfindlich die Sichtbeziehungen zwischen Kurfürstenstraße und Heiliger See. Das schöne, grüne, schmiedeeiserne Tor fällt kaum mehr in den Blick, stattdessen zieht die rot-weiße Barriere alle Aufmerksamkeit auf sich. In Potsdam wird seit Jahren vom Schutz der Sichtachsen gesprochen, und hier zerstört die Stiftung selbst den Bick auf den Neuen Garten. Das Aufstellen überdimensionierter Hinweisschilder mit hässlichen Betonkörpern verletzt den ästhetisch denkenden Menschen zutiefst. Als wahrer Schildbürgerstreich mutet die Gestaltung des „Affengangs“ an: Auf den wenigen Metern Kiesweg befinden sich vier Schilder!

Wie muss eigentlich die gegen die Fahrradfahrer gerichtete Aktion auf Touristen wirken? Stiftung und Stadt präsentieren sich, als ob Verbote, Verordnungen und Regeln wichtiger wären als Gastfreundschaft, Offenheit und Ästhetik. Ein Schilderwald wirkt ausladend. Eine französische Touristin bemerkte verständnislos, dass die Deutschen, besonders im ehemaligen Preußen, ihrem Klischee von Biederkeit, Humorlosigkeit, Starrsinn, Disziplin und Spießertum alle Ehre machen. Für mich als Potsdamerin ist das peinlich.

Sybille Möller, Potsdam

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