Lesermeinung: Ein Großer, der sich nicht wichtig nimmt
Zum Besuch von Paul Kuhn im ThaliaDer Herbst ist da. Glücklicherweise habe ich den Verlockungen der häuslichen Gemütlichkeit widerstanden und bin in das Babelsberger Kiezkino Thalia gegangen.
Stand:
Zum Besuch von Paul Kuhn im Thalia
Der Herbst ist da. Glücklicherweise habe ich den Verlockungen der häuslichen Gemütlichkeit widerstanden und bin in das Babelsberger Kiezkino Thalia gegangen. Der Film „Schenk mir dein Herz“ stand auf dem Programm. Ein schöner Film, er hält genau die Waage aus Drama, Gefühl, Musik und ja – auch ein bisschen Kitsch. Was diesen Abend aber zu einem wirklichen Höhepunkt machte, ist die Anwesenheit eines kleinen, unauffälligen alten Mannes. Er geht gebückt und sehr vorsichtig, die Augen sind schwach und er achtet auf die Zeit, denn pünktlich um 20 Uhr sitzt er am Klavier auf der Bühne des Kinosaals 1. Als Theaterleiterin Christiane Niewald die Zuschauer begrüßt, ist ihr die Freude über diesen ganz besonderen Gast anzumerken. Paul Kuhn sitzt am Flügel, der Bassist Gary Todd flankiert ihn und seine Musik routiniert und sehr gekonnt. Er spielt seine Lieder, jeder kennt sie, ja, auch das Bier auf Hawaii und das Bier für den Mann am Klavier waren dabei. Paul Kuhn macht sich lustig über die Bierlieder und spielt sie doch mit der besonderen Prise Jazz darin, sodass sie eben nicht wie abgedroschene Schlager klingen. Seine Stimme ist mitunter ein wenig wackelig, aber immer noch wohlklingend. Die 83 Lebensjahre höre ich nicht. Sein Witz, sein Charme runden den gelungenen Auftritt ab. Ich freue mich, ihn im Film wieder zu sehen und am Klavier zu hören und ich bin sehr überrascht, wie gut Peter Lohmeyer singt. Was mir bleibt, ist das Zwinkern von Paul Kuhn in der letzten Szene des Filmes. Es zeigt, was er ist: Ein Großer, der sich selbst nicht zu wichtig nimmt. Selbstverständlich steht er in den Pausen zur Verfügung, begeisterte Besucher holen sich Autogramme oder wechseln ein paar Worte mit ihm. Ich trete hinaus in den Potsdamer Herbst, lasse mir drei Regentropfen auf das Gesicht fallen und summe „Schenk mir dein Herz“ auf dem Heimweg vor mich hin.
Brigitte Oeckel, Potsdam.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: