Lesermeinung: Ein „Hiroshima Platz“ in Potsdam? Nur mit ungutem Gefühl!
„In der Stadtverordnetenversammlung erfolgte keine Aussprache ..
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„In der Stadtverordnetenversammlung erfolgte keine Aussprache ... sie wurde der Ambivalenz von Atomwaffen nicht gerecht.“ Die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung hat beschlossen, den Raum vor der Truman Villa in Zukunft „Hiroshima-Platz“ zu nennen, weil in dieser Villa im Sommer 1945 der Päsident der USA den Befehl zum Einsatz der Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki erteilte. Ich habe dem Antrag zugestimmt, wenn auch mit ungutem Gefühl, weil keinerlei Aussprache erfolgte, in der man etwas zu den teilweise anfechtbaren Äußerungen im Vorfeld dieses Beschlusses hätte sagen können. Sie wurden in vielem dem Präsidenten, den politischen und militärischen Zusammenhängen und der Ambivalenz von Atomwaffen nicht gerecht. Das Schicksal Hiroshimas und Nagasakis war grauenvoll. Doch für Japan galt die furchtbare Wahrheit der Bibel, wie wir sie immer wieder für das Deutsche Reich anführen: Wer Wind sät, indem er ohne Not einen barbarischen Krieg von bisher nie geahnten Dimensionen auslöst, der wird Sturm ernten. Nach der Kapitulation des Deutschen Reiches im Mai 1945 wollten die kriegsführenden Mächte angesichts der mittlerweile 50 Millionen Kriegstoten nur noch eines: Den Krieg im Pazifik mit allen Mitteln so schnell wie möglich beenden. Und da gab es nun die Atombombe, mit der man dieses Ende mit einem Schlag erreichen konnte, jahrelang aus der Furcht heraus entwickelt, die Deutschen könnten so eine Waffe in ihren Besitz bekommen. Wie also hätte Präsident Truman, der dem Wohl des amerikanischen Volkes verpflichtet war, handeln sollen? Wissenschaftler dürfen endlos theoretisieren, Politiker mit höchster Verantwortung müssen in existenziellen Situationen handeln. Und so befand sich Truman in einer Situation, wie wir sie aus den griechischen Tragödien kennen: Wie auch immer er sich entschied, er machte sich schuldig. Was sollte er tun, angesichts der Sicherheit, dass sich der Krieg noch weit bis ins Jahr 1946 hineinziehen würde, und angesichts der Gewissheit, dass die Japaner, angeführt von einer fanatischen Kriegerkaste, wie die Deutschen bis fünf nach zwölf kämpfen würden? Aber da waren doch Friedensfühler, wird behauptet. Nun, wenn überhaupt, dann nur sehr nebulös, in der Art, wie sie ein gewisser Heinrich Himmler im April 1945 ausgestreckt hat, um seine eigene Haut zu retten. Die Japaner hätten fanatisch weiter gekämpft, und es sei daran erinnert, wie schwer sie sich selbst heute noch tun, zu dem von ihnen entfesselten Krieg zu stehen. Wie hätte der Präsident handeln sollen, angesichts der Tatsache, dass die Fortführung des Krieges zumindest noch Hunderttausenden, vermutlich sogar Millionen Menschen das Leben gekostet hätte? Amerikanern, ihren Verbündeten, japanischen Soldaten, japanischer Zivilbevölkerung, und vor allem den Bewohnern des damals noch großen japanischen Herrschaftsbereiches, in dem die Menschen durch unmenschliche Behandlung und Hunger in Massen starben. Jeder Tag, den der Krieg fortdauerte, brachte unvorstellbares Leid. Es sei nur an die etwa 200000 koreanischen „Trostfrauen“ erinnert. 100000 Tote waren eine kleine Münze in diesem total pervertierten Krieg. Und warum hat Truman anstelle der Städte nicht reine Kriegsziele bestimmt? Ganz einfach: Es gab sie nicht mehr, zumindest keine, anhand derer man die verheerende Wirkung der Atombombe hätte demonstrieren können. Alles war bereits zerstört und die Flotte versenkt. Trotzdem kämpften die Japaner weiter, Insel für Insel, notfalls nur mit Handwaffen und Granaten, und bevor sie sich ergaben, sprangen viele lieber selbstmörderisch von den Klippen. Die Atombomben haben zweifelsfrei den 2. Weltkrieg vorzeitig beendet, dies kann niemand bestreiten, und zweifelsfrei haben sie eine neue Ära eröffnet, auch wenn die konventionellen Bombenteppiche genügend Verderben gebracht haben. Seitdem lebt die Menschheit unter einem schrecklichen Menetekel. Allerdings hat das atomare Gleichgewicht die beiden Blöcke in ein jahrzehntelanges Patt gezwungen. Die Furcht vor einer Selbstauslöschung allen menschlichen Lebens verhinderte den großen Krieg. Zum Glück waren auf beiden Seiten keine hitlerischen Hasardeure. Deshalb muss jetzt alles daran gesetzt werden, dass zumindest nicht Staaten und Menschengruppen in den Besitz von Atomwaffen gelangen, die damit skrupellos und irrational umgehen werden, und sei es, um sich damit ins „Paradies“ zu bomben. Sie haben Namen, diese Staaten: Nordkorea, Iran, Pakistan, Indien. Ob es der Menschheit darüber hinaus je gelingen wird, alle Atomwaffen abzuschaffen, bleibt zu hoffen. Ich fürchte jedoch, wir werden das „Teufelszeug“ nie loswerden. Zum Schluss sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass Präsident Truman während des Koreakrieges den Kriegshelden Mac Arthur rigoros von seinem Kommando ablöste, weil dieser den Krieg über den Yalu Fluss nach China mit Atombomben hatte tragen wollen. Die Atombombe war zu einer politischen Waffe geworden. Eberhard Kapuste, Stadtverordneter
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