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Vertretungsplan der Zille-Schule vom Freitag: 24-mal Ausfall, Vertretung oder Verteilung auf andere Klassen.

© tor

Von Tobias Reichelt: Ein Jahr Ausfall bis zum Abi

Stahnsdorfer Bildungsoffensive fordert mehr Lehrer / Debatte in der Heinrich-Zille-Schule

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Stahnsdorf - Kopfschüttelnd steht Christina Sommer vor dem Ausfallplan der Stahnsdorfer Heinrich-Zille-Grundschule. Die Tafel ist zur Hälfte beschrieben und liest sich komplizierter als ein neuer Busfahrplan: Die 6b und 6c haben die erste Stunde Ausfall, die 5a hat Mathe in Vertretung, die 5b ist in der zweiten Stunde auf andere Klassen verteilt. Gleiches gilt für die 6a von Stunde drei bis fünf – so geht es weiter. 24 solcher Positionen sind auf der Tafel zu finden, nur wenige Klassen sind nicht von fehlenden Lehrern betroffen. „Das ist nur für einen Tag“, sagt Schuldirektorin Sommer.

Die Stahnsdorfer Grundschule hat wie viele andere Schulen in der Region mit Lehrerausfall zu kämpfen. Von 30 Kräften waren am Freitag 5 nicht einsetzbar – eine Quote von rund 17 Prozent. Währenddessen sichert das Land nur eine Vertretungsreserve von 3 Prozent zu.

Das reicht vorn und hinten nicht, protestierten Eltern am Donnerstagabend in der Aula der Zille-Schule. Die Stahnsdorfer Elterninitiative „Arbeitskreis Bildungsoffensive“ hatte zur Schuldebatte eingeladen. „Wir wollen Antworten“, forderte Regina Schwarz, Mitorganisatorin der Initiative, Mutter und Vorsitzende des Sozialausschusses im Ort. Der Einladung waren vier Landtagsabgeordnete gefolgt – die SPD ließ sich entschuldigen, zum Unmut der Anwesenden.

Immerhin stellte sich der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Landtag, Torsten Krause (Linke), dem Protest. „Die Situation verbessert sich“, versprach er. Pro Schuljahr wolle die rot-rote Regierung 450 neue Lehrer einstellen, ab 2011 soll es 300 zusätzliche Referendarstellen im Land geben, zählte Krause auf. Problem: „Es sind für Neueinstellungen nicht genügend Lehrer in der Qualität vorhanden, wie wir sie brauchen.“ In den kommenden Wochen wolle man ein Schulressourcen-Konzept in Auftrag geben. Ziel der Linken sei es, Schulen ein eigenes Personalbudget zur Verfügung zu stellen. Mit dem Geld könnten Lücken gestopft werden. „Die SPD will das aber nicht“, berichtete Krause aus der Regierungszusammenarbeit.

Hans-Peter Goetz, FDP-Fraktionschef im Landtag und Stadtverordneter in Teltow, bot den Linken überraschend eine Zusammenarbeit an: „Ich habe da keine Berührungsängste“, sagte Goetz. Ihm ginge es darum, schnell zu einer Lösung zu kommen: „Ich wünsche mir mehr Druck, jedes Schuljahr zählt“, sagte er. Gemeinsam mit dem Schulleiter des Teltower Gymnasiums habe er errechnet, das ein Abiturient über zwölf Schuljahre fast ein Jahr Ausfall habe. Er empfahl Stahnsdorf deshalb, den Weg der Kleinmachnower und Teltower zu gehen und den Schulen Ersatzlehrer zu bezahlen. Das Potenzial dafür sei vorhanden, warf ein pensionierte Lehrer ein. Viele seiner älteren Kollegen würden gerne aushelfen.

In Stahnsdorf hatten sich die Gemeindevertreter zuletzt gegen einen Schulfonds ausgesprochen. Stattdessen bezahlt die Gemeinde Förderunterricht am Nachmittag. „Ich finde es gut, wenn eine Gemeinde das macht“, sagte Grünen-Politikerin Marie Luise von Halem. Dennoch wolle sie nicht das Land aus der Pflicht entlassen. Die Vertretungsreserve müsse erhöht werden, forderte sie im Einklang mit den Zille-Eltern. Von Halem forderte Mütter und Väter auf, Druck auf die Landesregierung auszuüben, „ohne den wird es nicht mehr Lehrer geben“, mahnte sie. CDU-Abgeordnete Beate Blechinger forderte darüber hinaus, eine Anstellung für Junglehrer attraktiver zu machen.

Doch wann hilft das den Schülern in Stahnsdorf?, wollte eine Mutter wissen. Eine Antwort blieb ihr das Podium schuldig, Schulleiterin Christina Sommer wird wohl auch am Montag wieder kopfschüttelnd vor ihrem Ausfallplan stehen.

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