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Lesermeinung: Flugrouten: Menschen zweiter Klasse = Betroffene ersten Grades

Ministerpräsident Platzeck und FlugroutenWann immer Ministerpräsident Platzeck sich in die Flugroutendiskussion einschaltet (und das tut er bedauerlicherweise selten und inhaltsleer), trägt er eine Politikerfloskel wie ein Mantra vor sich her: Es dürfe keine „Menschen erster und zweiter Klasse“ geben. Dabei lässt er offen, was er damit meint.

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Ministerpräsident Platzeck und Flugrouten

Wann immer Ministerpräsident Platzeck sich in die Flugroutendiskussion einschaltet (und das tut er bedauerlicherweise selten und inhaltsleer), trägt er eine Politikerfloskel wie ein Mantra vor sich her: Es dürfe keine „Menschen erster und zweiter Klasse“ geben. Dabei lässt er offen, was er damit meint. Sind es die Brandenburger Fluglärmbetroffenen im Verhältnis zu den Berlinern oder die besonders hart getroffenen direkten Anrainer in Blankenfelde im Vergleich zu den von den neuen Flugrouten betroffenen Menschen in der Region Teltow? Platzeck suggeriert, es gehe darum, eine Flugroutenplanung mit ergebnisoffener Interessenabwägung bei Null zu beginnen. Dies ist nicht der Fall, denn die Abwägung, ob den Anwohnern in Blankenfelde, Bohnsdorf oder Eichwalde ein Großflughafen Schönefeld zuzumuten ist, hat das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Urteil zum Planfeststellungsbeschluss 2006 zumindest juristisch abschließend vorgenommen. Natürlich ist die Belastung der direkten Anrainer nach gängigen menschlichen Kriterien unzumutbar.

Zu „Menschen zweiter Klasse“ (besser: „Betroffene ersten Grades“) wurden sie aber nicht von den nun gegen die neuen Flugrouten opponierenden Bürgern in den bisher nicht betroffenen Regionen gemacht, sondern von den staatlichen Planern, die sich über alle Sachargumente in der Standortfrage hinweggesetzt haben und – so hart es auch klingen mag – auch von den Richtern des Bundesverwaltungsgerichts. Hält Ministerpräsident Platzeck die Belastungen der direkten Anrainer, die sie zu „Menschen zweiter Klasse“ machen, ebenfalls für unzumutbar, dann muss er endlich Farbe bekennen, aus der Flugroutendiskussion eine Flughafendiskussion machen und sich vor allem aktiv in diese einschalten. Schafft man in einem rechtsstaatlich fragwürdigen Verfahren im Jahre 2010 durch grundlegend veränderte Flugrouten völlig neue Betroffenheiten, degradiert man den Rechtsstaat, der dem Zusammenleben gleichwertiger Menschen erst einen verlässlichen und vor Willkür schützenden Rahmen gibt.

Carsten Möller, Stahnsdorf

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