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Lesermeinung: Föderalismus

Zu: „Steffen Reiche: Die Teilung Deutschlands“, 10.3.

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Zu: „Steffen Reiche: Die Teilung Deutschlands“, 10.3.

Es ist zu begrüßen, wie Steffen Reiche, die Fragen der Föderalismus-Reform im historischen Zusammenhang und grundsätzlich behandelt. Es handelt sich nicht, wie bisher verkündet, um eine große, sondern um eine kleine Reform. Kernfragen, wie Finanzreform und die Neugliederung des Bundesgebietes, werden nicht behandelt. Solange es bei 16 Bundesländern bleibt, mit einer Anzahl zu kleiner Länder wird sich ein entwicklungsstarker Bundesstaat nicht einstellen. Dieser Fall zeigt auch, dass Kritik an der Regierung und den Parteispitzen zu kurz greift. Für das zögerliche Festhalten an einmal eingerichteten Strukturen sind wir alle verantwortlich.

Die Sorge von Herrn Reiche um den Erhalt der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen muss man teilen. Durch die Reform kann die Stärke der süddeutschen Länder zunehmen. Man sollte sich darauf besinnen, dass diese nicht „Gott gegeben“ wirtschaftlich stark sind, sondern sich diesen Stand erarbeitet haben. Als 1949 im Westen die Bundesrepublik entstand, befand sich Bayern in einer abgelegenen Grenzlage und im Vergleich zu dem hoch industrialisierten Nordrhein-Westfalen im Rückstand. Nach der Wiedervereinigung ist die Situation der ostdeutschen Länder ähnlich. Im Jahrzehnte langen Bemühen ist es Bayern gelungen, die Verkehrsanbindung zu verbessern und moderne Industrie anzusiedeln. Und Baden-Württemberg pflegt eine geradezu sprichwörtlich gute Förderung des Mittelstandes. Es hat es als einziges Land geschafft, aus drei zu kleinen Bundesländern ein einziges zu bilden.

Am gefährlichsten für die Gleichwertigkeit wäre der Rückzug des Bundes aus der generellen Bildungsfinanzierung. Ohne Mitfinanzierung bleiben Vorschlagsrechte erfahrungsgemäß unwirksam. Ein solcher Rückzug wird von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt, darin ist Herrn Reiche zuzustimmen. Die Chancengleichheit der Jugend wäre nicht mehr gewahrt. So oder so wird aber die Finanzknappheit der Länder zur Überprüfung ihres Hochschulbestandes führen. Man muss es erlebt haben, welches hohen Aufwandes an Mitteln und Personal es bedarf, um eine international konkurrenzfähige Universität mit ihren Instituten aufzubauen. Danach konnte man nur staunend hören, dass das Land Brandenburg daran dachte, zwei Universitäten und eine Technische Hochschule zu unterhalten. Dort, wo nebenan in Berlin zwei Universitäten und eine große Technische Universität bestehen. Auch das sind Missverständnisse eines an sich segensreichen Föderalismus.

Prof. Dr. Hartwig Spitzer, Potsdam

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