Lesermeinung: Form der Trauer
Berichterstattung zum gewaltsamen Tod von David FischerZunächst einmal spreche ich der Familie Fischer meine Anteilnahme aus. Dennoch möchte ich die PNN-Berichterstattung als angemessen loben.
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Berichterstattung zum gewaltsamen Tod von David Fischer
Zunächst einmal spreche ich der Familie Fischer meine Anteilnahme aus. Dennoch möchte ich die PNN-Berichterstattung als angemessen loben. Dem Autor gelang es, genau, und wie ich finde, „richtig“ hinzuschauen. Er trug nicht nur die Verlautbarungen weiter, sondern achtete auch auf die Kleidungs- und Sprachcodes. Auf den Fotos war dies gut zu erkennen. Diese Codes drücken viel eindrücklicher aus, was nicht in der Zeitung stehen sollte, was der Konstruktion von Fischer als „deutsches Opfer“ im Weg stünde. Im Übrigen gehört die Inszenierung von Trauermärschen zu einer bedenklichen Demonstrationsform, die stark mit „Heldengedenken“ verknüpft war. Es sind die Sag- und Tragbarkeiten, die bei der Trauer um David Fischer sichtbar wurden, die eine erschreckende Zustandsbeschreibung einer bürgerlichen Mitte dieser Stadt leisten. Es geht darum, ob die Trauer einem Toten oder einem „weißen Opfer“ gilt. Ich glaube Frau Poppe, Herrn Röder und den Eltern gern, dass sie in ihrer Trauer nicht allein gelassen und schon gar nicht in die rechte Ecke gestellt werden wollen. Vielleicht gibt es diese Ecke in diesem Fall gar nicht, sondern es ist eine Spur der Auslegung. Eine bürgerliche Mitte Potsdams – es gibt hier mehrere - muss sich am Umgang mit dem Tod von David Fischer darüber verständigen, welche Form von Bürgerbewegung möglich sein soll, sein darf. Die Anfälligkeit für Strategien „neuer sozialer Bewegungen von rechts“ kann nicht mit politischer Naivität und verklärter Kurzsichtigkeit entschuldigt werden. Die „Trauerbewegung David Fischer“ steht kurz vor diesem Scheitelpunkt. Sie scheint diesen noch nicht überschritten zu haben und wird es hoffentlich auch niemals.
Heiner Stahl, Potsdam
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