Lesermeinung: Friedrich der Große – „Was für ein König“
„Ich wäre gerne ein wenig wie der, den man nun allerorten feiert“Dass ich mit ihm namensverwandt bin, fiel mir erst kürzlich auf, als ich im Museumsshop des Neuen Palais per Karte einkaufte und meine Unterschrift geben musste. Friedrich.
Stand:
„Ich wäre gerne ein wenig wie der, den man nun allerorten feiert“
Dass ich mit ihm namensverwandt bin, fiel mir erst kürzlich auf, als ich im Museumsshop des Neuen Palais per Karte einkaufte und meine Unterschrift geben musste. Friedrich. Toll. Wenigstens das haben wir gemeinsam. Er und ich. Ich wäre gerne ein wenig wie der, den man nun allerorten feiert – das ganze Jahr über. Und ja, ich gebe zu, mir kann es gar nicht genug sein. Schon als Schülerin im fernen Niedersachsen, als ich in der Stadtbücherei im verstaubten Regal das Buch über Friedrich den Großen hervorzog, hat er mich beeindruckt, der König. Einer, der die Folter abschaffte, der Toleranz walten ließ, der Pressefreiheit einführte. Meine Güte! Als wenn das nicht schon unglaublich viel gewesen wäre, nein, er öffnete auch noch die Kornkammern zu Billigstpreisen für die Armen, sah sich als erster Diener des Staates und ließ jeden wie er will, nach jedweder Fasson leben. Was man von den Zeitgenossen, die einem im eigenen Leben so über den Weg laufen, oft weniger behaupten kann.
Was für ein König. Ich wäre gerne sein Untertan gewesen und habe die Kriege, die er führte, immer irgendwie unter den Tisch fallen lassen. Naja, fast.
War das seine schlechte Eigenart, um dem Vater doch noch zu gefallen? Vielleicht. Oder weil er es sich beweisen wollte? Keine Ahnung. Meine Mutter kam dereinst aus Schlesien. Dass sie ohne Friedrich wohl Österreicherin gewesen wäre, ist mir oft durch den Kopf gegangen.
In einem Gedankenexperiment versuchte ich mir vorzustellen, wie es sein würde, ihn zu treffen. Nachts allein im Schlosspark Sanssouci. Was würde er fragen, wie sich benehmen?
Sicher wäre er interessiert an dem was heute ist. Wie sollte man ihm die Teilung des Landes erläutern, den großen schrecklichen Krieg vorher und zum guten Ende erneut eine Einigung. Nach Friedrich gab es nur noch Schwachmatiker auf dem Thron, aus meiner bescheidenen Sicht. Keiner reichte an ihn heran. Welcher Fürst war je so belesen, so kunstbeflissen? Wer hat sich die Mühe gemacht, einen modernen Anti-Machiavelli zu verfassen? 300 Jahre später stehe ich und staune noch immer. Hatten wir je einen so großen Geist an der Regierung?
Überall nun die Frage: Was können wir von ihm lernen? Ich für mich sehr viel. Doch anderen ist schon das Brimborium um ihn ein Graus. Niemand wird der Person Friedrich gerecht werden. Egal, was sie schreiben. Vielleicht wäre es schon ein großer Schritt für jeden, Friedrichs bekanntesten Sätzen zu frönen. Jeden nach seiner Fasson und tolerance mes amis, tolerance!
Silvia Friedrich, Kleinmachnow
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