Lesermeinung: Fußballstadion lebt auch von Geschichte
„Jakobs lehnt Stadionneubau ab“, 17. Januar 2007Mit großer Freude und Erleichterung las ich, dass sich Oberbürgermeister Jann Jakobs bei der viel diskutierten „Stadionfrage“ zugunsten des traditionsreichen „Karlis“ festgelegt hat.
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„Jakobs lehnt Stadionneubau ab“, 17. Januar 2007
Mit großer Freude und Erleichterung las ich, dass sich Oberbürgermeister Jann Jakobs bei der viel diskutierten „Stadionfrage“ zugunsten des traditionsreichen „Karlis“ festgelegt hat. Es macht ganz den Eindruck, als hätte am Ende doch die Vernunft gesiegt. Freilich kam diese klare Positionierung etwas überraschend.
Hatte doch die unter dubiosen Umständen an der Sadtverordnetenversammlung (SVV) „vorbei gemogelte“ und vom Landessportbund in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie unlängst einen Stadionneubau am Standort des ehemaligen Plattenwerkes an der Heinrich-Mann-Allee favorisiert. Allerdings wurde und wird hier gern vom Standort „Wetzlarer Straße“ gesprochen. Wohl um zu suggerieren, das neue Stadion entstünde gegebenenfalls in Babelsberg.
Mit der Absage an einen Stadionneubau zollt das Stadtoberhaupt den besseren Argumenten der Karli-Befürworter Tribut. Eine einhundertjährige Fußballtradition am Babelsberger Park zu entwurzeln und an ihre Stelle einen geschichtslosen, überdimensionierten Betonklotz zu setzen, war von Anfang an keine gute Idee.
Ein Stadion ist eben mehr als nur ein Fußballplatz mit Zuschauerplätzen drum herum und einer Tiefgarage darunter. Ein Fußballstadion lebt auch von Geschichte, Tradition und dem Flair abseits des Rasens. Doch genau diese Attribute lassen sich nicht erkaufen oder andernorts hinbetonieren.
Zudem fand ich es unverständlich, warum gerade Herr Kühn und andere Turbineverantwortliche – deren Mannschaft noch weit weniger als der SV Babelsberg 03 in der Lage ist, ein 15 000-Mann-Stadion auch nur ansatzweise zu füllen – auf den Neubau drängten. Wie soll in einer solchen Arena Atmosphäre entstehen, wenn Turbine seine Heimspiele vor einigen Hundert Zuschauern austrägt? Selbst als der SV Babelsberg 03 vor einigen Jahren in der Zweiten Bundesliga gastierte, pendelten sich die Zuschauerzahlen bei 4 500 Zuschauern pro Spiel ein. Letztlich ließen Machbarkeitsstudie und Neubaubefürworter bis zum Schluss offen, wer die kaum kalkulierbaren, sicher aber höheren Betriebskosten, eines neuen Stadions schultern sollte.
Nach wie vor ist das Karli dringend sanierungsbedürftig. Man denke nur an den Zustand des Hauptgebäudes und der Tribüne. Eine Sanierung dürfte aber weit weniger kostenintensiv sein als ein Neubau. Investitionen in den Zustand des Karlis böten zudem die Chance, auch dem klagenden Anwohner aus der Grenzstraße einige seiner rechtlichen Argumente aus der Hand zu nehmen. Bekanntlich verwickelt Herr Vock den SVB seit Jahren in einen Rechtsstreit, der sich auf die vom Karli ausgehenden Emissionen bezieht. Hier könnten im Zuge einer Sanierung auch Gelder in eine bessere Schall- und Lärmschutzdämmung fließen.
Eine Sanierung des altehrwürdigen Karli würde letztlich allen zugute kommen, den Zuschauern, dem Erbbaupächter SVB, dem Nachbar in der Grenzstraße und der Stadtkasse.
Arndt Sändig, Potsdam
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