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Lesermeinung: Ganztagsschulen zum Nulltarif?

Zu: „Lehrer sollen länger an Schulen bleiben“, 18.5.

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Zu: „Lehrer sollen länger an Schulen bleiben“, 18.5. Mit Freude haben wir zur Kenntnis genommen, dass es vielleicht ab dem kommenden Schuljahr möglich wird, Unterrichtsvorbereitungen und Korrekturen an einem Arbeitsplatz in der Schule durchzuführen. Zwar sind nur begrenzt Mittel da, die materiellen Bedingungen für die Schüler zu verbessern, aber für die Lehrer wird der Schulträger es schon richten. Darauf freuen wir uns schon! Endlich sitzen uns an den Abenden und Wochenenden nicht mehr unsere Familien im Nacken mit der Frage, wann wir endlich fertig seien. Aber zum Abitur und den Prüfungen am Ende der 10. Jahrgangsstufe dürfte auch dieses großherzige Angebot nicht greifen – dann benötigen wir doch noch einen Schlüssel für die Schule, um nachts dort zu arbeiten. Oder war das alles gar nicht so gemeint? Bereits jetzt verbringen wir einen großen Teil unserer Arbeitszeit auch über den Unterricht hinaus in der Schule. Neben zahlreichen Gesprächen mit Schülern und Eltern, Vorbereitungen für Exkursionen und Klassenfahrten, Einschätzungen des Arbeits- und Sozialverhaltens, ist der Aufwand für das Anfertigen von Berichten in den letzten Jahren enorm gestiegen. Sollten die Lehrer eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit akzeptieren, um zum Nulltarif die Ganztagsschule einzuführen? Die Ergebnisse der PISA-Studie finden wohl kaum eine Verbesserung durch die längere Anwesenheit der Lehrer. Jedoch würde ein intensiverer Unterricht in kleineren Klassen zu einer Anhebung des Niveaus führen. Dies aber ist nicht zum Nulltarif machbar! Abgesehen davon kommt das Thema „Arbeitszeit der Lehrer“ bei den Betroffenen nicht gut an, wenn sie viel mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Prüfungskorrekturen verbringen. Wir hätten uns eine distanziertere Äußerung unseres Ministers zu Planungen, die tief greifend in den Arbeitsprozess der Lehrer eingreifen, gewünscht. Das Ungehaltensein des Ministers über Kollegen, die Dienst nach Vorschrift machen, ist verständlich und nachvollziehbar. Jeder kennt solche Kollegen an den Schulen, sie stellen aber aus unserer Erfahrung Einzelfälle dar. Hier sollte den Schulleitern, die seit vielen Jahren versprochene Erweiterung ihrer Kompetenzen zugestanden werden, um solche Probleme vor Ort mit den entsprechenden Kollegen klären zu können. Den Weg, eine Kollektivstrafe auszusprechen und damit die Mehrzahl der Lehrer zu treffen, statt ihnen für die zum Teil weit über ihr Soll geleistete Arbeit zu danken, dürfte eindeutig der falsche Weg sein. A.-B. Klingbeil, E. Kolende, S. Otremba, Lehrerrat des Immanuel-Kant-Gymnasiums Teltow

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