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Lesermeinung: Gebäudeeinmessungspflicht ist keine ABM

700 Euro für bessere Navis, 25.9.

Stand:

700 Euro für bessere Navis, 25.9. 2007

Es ist schade, dass Sie sich bezüglich der Gebäudeeinmessungspflicht die Mehrheitsmeinung zueigen gemacht haben. Das fängt schon bei der populistischen Überschrift an. Von einer Zeitung erwarte ich, dass sie sich mehr Gedanken zu einem Thema macht und versucht, der Sache auf den Grund zu gehen. Geschrieben ist geschrieben, da wird es nichts mehr zu verbessern geben. Wissen sollten Sie aber schon, wie es nun um die Gebäudeeinmessungspflicht steht: Von einer „Arbeitsbeschaffungsmaßahme“ (ABM) für Vermessungsbüros zu sprechen ist Unsinn. Dieses Gesetz (nicht die Verordnung) gibt es bereits seit 16 Jahren. Wenn die vom Bürger vor sich her geschobene Verpflichtung jetzt eingefordert wird, dann konzentriert sich die Bearbeitung lediglich auf einen kürzeren Zeitraum – mehr doch nicht.

Es war womöglich etwas ungeschickt vom Fachdienstleiter Heiner Hagen, das Navigationssystem ins Spiel zu bringen. Er tat das wohl, um ein Beispiel für die Nutzung für den Normalbürger zu bringen. Die handelsüblichen Navigationsgeräte haben eine Genauigkeit von 10 Metern. Jeder Anbieter könnte problemlos vorhandenes Luftbildmaterial auswerten, um Gebäude mit dieser Genauigkeit ins System einzulesen.

Die Gebäude werden nicht eingemessen, um die Qualität von Navigationssystemen zu verbessern. Sie werden eingemessen, um die Flurkarte zu vervollständigen, die den Bestand an Flurstücken und Gebäuden vollständig dokumentiert – und zwar zentimetergenau. Die Flurkarten wurden in den zurückliegenden Jahren mit EU-Mitteln in Millionenhöhe aus der Papierform in digitale Datenbestände überführt und liegen nun für das Land Brandenburg als ganzheitliches Kartenwerk vor. Sämtliche Informationssysteme, die zur Zeit eingerichtet werden, bauen darauf auf. Sie sind eine wichtige Grundlage, zum Beispiel für städtebauliche Planungen (Bebauungs-, Flächennutzungspläne) oder für Planungen der Energieversorger.

Welche Genauigkeit für welchen Zweck erforderlich ist, wird unterschiedlich zu bewerten sein. In Deutschland wurde entschieden, dass Gebäude mit der höchsten Genauigkeit dargestellt werden sollen, um allen Anforderungen zu genügen. Da alle weiteren Plan- und Kartenwerke darauf aufbauen, macht das durchaus Sinn.

Das Heranziehen von Luftbildern zur Erfassung der Gebäude kann nur eine vorübergehende Notlösung darstellen, um zunächst einmal einen vollständigen Bestand vorzuhalten. Es hat aber den gravierenden Nachteil, dass die Luftbilder den Gebäudebestand unter Bäumen nicht wiedergeben und daher nicht flächendeckend mit hoher Genauigkeit ausgewertet werden können. Ein weiter Nachteil ist, dass Dachüberstände das Ergebnis verfälschen.

Gegen die Nutzung der Lagepläne spricht, dass nicht die geplanten Gebäude in der Flurkarte dargestellt werden sollen, sondern die tatsächlich örtlich vorhandenen Gebäude. Nicht jede Planung wird in die Tat umgesetzt, Änderungen werden vielfach noch im Genehmigungsverfahren nachgereicht.

Im übrigen ist für jedes Bauvorhaben sowieso eine Kontrollmessung erforderlich, die nachweist, dass das Gebäude so gebaut wurde, wie es genehmigt wurde. Diese Messung wird schon jetzt dazu herangezogen, um – rechnerisch für das Katasteramt aufbereitet – das Gebäude in die Flurkarte zu bringen und so der Einmessungspflicht genüge zu tun.

Beklagen tun sich jetzt in der Regel diejenigen Bauherren, die in der Vergangenheit nur der Verpflichtung gegenüber dem Bauamt nachgekommen sind (das wurde für die Rohbauabnahme benötigt) und sich wissentlich oder unwissend den Mehraufwand für die Aufbereitung der Messung für das Kataster sparten. Vielfach haben auch Bauträger so ihre Häuser verkauft und Kosten gespart. Dass die Leistung nun nachgeholt werden muss, mag für den Betroffenen bedauerlich sein. Das Gemeinwohl verlangt jedoch, dass dort, wo die Grundlagen geschaffen werden, auch genaue Daten vorliegen.

Bernd Mengelkamp, Vermessungsingenieur aus Stahnsdorf

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