Diskussion um den Potsdamer Weihnachtsmarkt: Hauptsache es dunkelt und blinkt

Ob das Ganze nun Weihnachtsmarkt, Daddelmeile, Trödelzauber oder sonstwie heißt, und wie lange das ganze Gedöns dauern soll ist den Betreibern und Händlern doch egal, solange der Rubel rollen kann. Geschenkt und nicht weiter zu diskutieren. Interessant wird die Lage aber, wenn einem das egal ist und nur amüsiert.

Hat einem der Discounter schon frühzeitig die Sinne vernebelt, ist es ja nur folgerichtig, dass der "Weihnachtsmarkt" die Gesetzte des Marktes aufgreift und schon mit der Umstellung zur Winterzeit, wenn es früher dunkel ist, seine blinkenden Buden öffnet. Vielleicht könnte man in Zukunft die Brandenburger Straße auch für alle Vierbeiner freigeben, um ihr Geschäft zu erledigen. Schließlich liegt deren Stuhl ja auch schon in Parks, auf Fußwegen und Spielplätzen.

Endlich kann der gemeine Werktätige nun 6 bis 8 Wochen täglich zur Mittagszeit, zum Kaffee oder Abendbrot eine kulinarische Vesper einlegen. Man höre und staune: kulinarisch. Endlich mal einen fiesen Döner oder eine schlanke Wurst für zwischendurch, was es ja sonst in Potsdam über das Jahr nicht gibt. Und endlich mal über eine Dauer von 6 bis 8 Wochen. Hossa, wenn das nicht zündet.

Und dann noch diese Inkonsequenz: Nach Weihnachten soll Schluss damit sein. Gerade am Neujahrstag könnte der Markt seine völlige Berechtigung erhalten. Nach durchzechter Sylvesternacht, keine Böcke auf Hausküche und noch völlig benebelt, schwanken Tausende Potsdamer und Touristen über den Markt. Entweder um ein Konterbier zu trinken und die Drehzahl wieder auf normal zu bringen oder eine von diesen besonderen Potsdamer  kulinarischen Verheißungen zu sich zu nehmen, die es sonst nirgends gibt. In diesem Neujahrszustand ist es dann auch egal, wie lange die Wurst schon auf dem Rost lag oder wann das letzte mal das Fett in der Friteuse gewechselt wurde. Hauptsache es dunkelt und blinkt.
 
Ingo Wagner