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Lesermeinung: Hegelallee: „Es geht hier um eine Promenade, nicht um einen Freizeitpark“

Zum Streit um die Sanierung der Hegelallee-Promenade in PotsdamZum Kommentar „Kein Königreich für Klipp“, 25.9.

Zum Streit um die Sanierung der Hegelallee-Promenade in Potsdam

Zum Kommentar „Kein Königreich für Klipp“, 25.9.2010

Mitten in der Hegelallee verläuft ein Weg. Ein Weg, der so manchen neidisch machen kann. Ein Weg, auf dem Fußgänger, Fahrradfahrer und Kinder Platz finden. Der manchmal trocken und deshalb staubig und manchmal feucht und daher matschig ist. Ein Luxusproblem ist solcherlei Unbill anderorts. Genauer dort, wo der Weg ganz fehlt. Seit Jahren bittet, bettelt, fordert der Ortsbeirat Fahrland einen Fahrradweg von Satzkorn zur Schule in Fahrland. Dafür ist kein Geld da, heißt es immer wieder. Dabei würde er wohl nur ein Drittel der Verschönerung des bereits vorhandenen Weges in der Hegelallee kosten. Diese Prioritätensetzung entsetzt.

Der Skandal ist, dass der Weg überhaupt derzeit angefasst wird. Das ist ein typisches Beispiel für arrogante, ignorante und vor allem wohl selbstverliebte Politik. Politik, die nicht am Wohl der Menschen orientiert ist. Dazu sollte eine Grundsatzentscheidung gefasst werden: Neubau wo notwendig vor Verschönerung wo unvermeidlich!

Olaf Willuhn, stellvertretender Ortsvorsteher Fahrland

Geht es noch um die Mittelpromenade?

Nachdem sichtbare Tatsachen geschaffen wurden, verlagert sich die Diskussion und auch die Kommentierung in den PNN auf das Grundsätzliche. Nun geht es um die Ablehnung von Asphalt allgemein. Im PNN-Kommentar vom 25.9. wird Asphalt als wenig umweltfreundlicher Baustoff diffamiert und eine Grundsatzentscheidung über seine Verwendung gefordert. Es kommt jedoch auf den Einzelfall an. Wenn eine Asphaltoberfläche den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad fördert, ist dieser Baustoff wegen der dadurch erreichten Umweltentlastung durchaus umweltfreundlich. Ähnlich wird die Mittelpromenade zu grundsätzlicher Kritik am Beigeordneten Klipp genutzt. Aber Herr Klipp zeichnet sich – im Unterschied zu seiner Vorgängerin – durch Entscheidungsfreudigkeit aus. Dadurch wächst die Zahl der sich oft lautstark äußernden Kritiker. Der ADFC Potsdam dagegen begrüßt es, dass Herr Klipp frischen Wind in seinen Bereich der Stadtverwaltung gebracht hat und hofft, dass er diese Arbeitsweise beibehalten wird.

Georg Michaelis, Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Potsdam

Im Bürgerhaushalt sprechen sich 600 Bürger für fahrradgerechten Ausbau aus

Die Berichterstattung in der PNN erweckt den Eindruck, dass die Entscheidung der Stadtverwaltung, den Mittelstreifen in der Hegelallee als Fußgänger- und Radweg zu asphaltieren, ein quasi undemokratischer Akt, an den Gremien der Stadtverordnetenversammlung und den Bedürfnissen der Bürger vorbei, gewesen ist. Dem ist nicht so: Der Ausbau des Mittelstreifens ist prioritärer Bestandteil des 2007 von der Stadtverordnetenversammlung einstimmig beschlossenen Fahrradkonzeptes. Erst vor kurzem hat sich der Umweltausschuss mit dem Thema beschäftigt – und mit acht zu zwei Stimmen für die Asphaltierung gestimmt.

Darüber hinaus stimmten im letzten Bürgerhaushalt fast 600 Bürger für den fahrradgerechten Ausbau – Platz 10 aller Vorschläge, so viele Stimmen wie für keine andere Fahrradstrecke in Potsdam und um ein Vielfaches mehr, als die maximal zehn Personen, die in den letzten Tagen mit Mahnwachen und Demonstrationen sehr medienwirksam für ihre vorrangig denkmalschutzorientierten Belange eingetreten sind.

Keinesfalls hat daher der Beigeordnete Klipp diese Entscheidung allein getroffen: Er weiß eine große Mehrheit der Stadtverordneten und Bürger hinter sich bei diesem Vorhaben, das dazu beiträgt, Potsdam nicht nur familien- sondern auch fahrradfreundlicher zu machen. An diesem Streit zeigt sich einmal mehr, wie schwer sich einige wenige Potsdamer damit tun, historische und historisierende Ansprüche mit den Bedürfnissen einer prosperierenden, kinderreichen und fahrradfreundlichen Stadt in Einklang zu bringen.

Marc Nellen, Vorstand vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), Landesverband Brandenburg e.V

Mangelnder Respekt vor Stadtverordneten

Es zeugt von mangelndem Respekt vor den Stadtverordneten (SV), wenn der Beigeordnete Klipp eine Ausschreibung zwecks Asphaltierung des Mittelstreifens auslösen will, obwohl bei den SV Uneinigkeit besteht, ob es eine hinreichende Beschlussgrundlage gibt. Es gebietet die Fairness, die Beratungen in den drei Ausschüssen abzuwarten. Auch wir fühlen uns von dem Baubeigeordneten nicht ernst genommen. Es geht hier um eine Promenade in der historischen Innenstadt und nicht um einen Freizeitpark.

Dr. Ellen Chwolik-Lanfermann, Freies Tor Bürgerverein Potsdamer Innenstadt e.V.

Demokratische Meinungsbildung war nicht gewollt

Fördermittel müssen zweckgebunden aber nicht zwangsläufig falsch eingesetzt werden. Ein Europafahrradweg an dieser viel zu kurzen innerstädtischen Strecke auf dem historisch belegten Raum des Verlaufs der alten Potsdamer Stadtmauer fährt an allen Stellen ins Aus. Für einen europäischen Fahrradweg bieten sich andere Streckenführungen an, zum Beispiel die Breite Straße, die durchs Zentrum in Perspektive auf das schöne Stadtschloss führen wird. Wenn eine Beschleunigung des Verkehrs durch Radfahrer durch den neuen Belag prioritär gefördert wird, wird zu beachten sein, dass die Fußgängerrechte durch verkehrsordnende Maßnahmen gewahrt bleiben. Es geht um ein Problem des sozialen Friedens zwischen den unterschiedlichen Nutzern.

Es ist nicht zu billigen, dass der Verkehr sich dort selbst regeln soll. Eine Stadt ist kein Selbstbedienungsladen und kann nicht zum Objekt politischer und verwalterischer Willkür werden, indem das Rathaus Tatsachen schafft. Es ist durchschaubar, dass eine demokratische Meinungsbildung der Bürger zu dieser Frage nicht gewollt war. Parlamentarische Sommerpausen sind nicht geeignet, so einschneidende Maßnahmen in das empfindliche innerstädtische Gebilde Potsdams durchzupeitschen. Wenn wir erst einmal die Kampagne „Fahrradfreundliches Potsdam“ hinter uns haben, ist zu vermuten, dass bald die Kampagnen „Stadtklima“ und anschließend „Barrierefreies Potsdam“ aus dem Rathaus propagiert werden. Da haben wir aber schon einmal Teile der Schopenhauerstraße und der Hegelallee versiegelt.

Ute Samtleben, Freies Tor

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