Lesermeinung: „Heinz Rühmann“ als Straßenname problematisch
Zu: „Nachrichten: Drei neue Straßen“, 6.5.
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Zu: „Nachrichten: Drei neue Straßen“, 6.5. Wird bei der Vergabe von Straßennamen mit zweierlei Maß gemessen? Erinnert sei an die Diskussionen um den antifaschistischen Widerstandskämpfer Otto Wiesner, der elf Jahre in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Mauthausen gelitten hatte. Gefordert wurde eine Prüfung seiner Aktivitäten zu DDR-Zeiten. Wird gleiches Maß bei der der Vita von Heinz Rühmanns angelegt? 1936 schrieb Joseph Goebbels in sein Tagebuch: „Heinz Rühmann klagt uns sein Eheleid mit einer Jüdin. Ich werde ihm helfen. Er verdient es, denn er ist ein großer Schauspieler.“ Es stellt sich die Frage, ob er, wie kolportiert wird, seine Frau, von der er getrennt lebte, habe schützen wollen oder ob sie ihm nicht vielmehr für seine Karriere im Weg war. Dass man sich in den Jahren der NS-Diktatur auch anders verhalten konnte, bewiesen Henny Porten, Theo Lingen oder Hans Moser, die ihre jüdischen Partner nicht abschoben, sondern sich schützend vor sie stellten. Zu hinterfragen wäre auch, was es mit der von Hitler erhaltenen steuerfreien Schenkung in Höhe von 40 000 Reichsmark auf sich hatte und was aus den jüdischen Vorbesitzern der von Rühmann erworbenen Villa am Kleinen Wannsee geworden ist. Rühmann war nicht nur der Spaßmacher vom Dienst, sondern ließ sich vor den propagandistischen Karren des NS-Regimes spannen. Erwähnt seien Filme wie wie „Wunschkonzert“ (1940), „Fronttheater“ (1942) oder die rassistische Komödie „Quax in Afrika“ (1943). In Wehrmachtsuniform trat er für die Wochenschau auf, er sammelte weiterhin Spenden für das Winterhilfswerk und war Mitglied des der NSDAP nahestehenden „Kampfbundes für deutsche Kultur“. 1940 ernannte Goebbels Rühmann zum „Staatsschauspieler“, was die höchste Auszeichnung für Darsteller im „Dritten Reich“ bedeutete. Es spricht nicht unbedingt für Regimeferne, wenn Rühmann den Film „Die Feuerzangenbowle“ persönlich in die Wolfsschanze brachte, um die Meinung Hitlers zu dem Film einzuholen. Er stand auf der so genannten „Gottbegnadeten Liste“, die Goebbels hatte zusammenstellen lassen und die Namen von Künstlern verschiedenster Sparten enthielt, die für das NS-Regime als unentbehrlich angesehen wurden. Rühmann war zweifellos ein talentierter Schauspieler und über Generationen hinweg Liebling der Massen. Aber war er, auch wenn er es nach 1945 behauptete, ein unpolitischer Schauspieler, der nur nette Unterhaltung drehte? Diese Frage muss man verneinen. Er war Profiteur und auch Stütze des Regimes.
Dr. Almuth Püschel, Potsdam
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