Lesermeinung: Herr Scharfenberg und der Plattenbau am Alten Markt
Zu: „Preiswertes Wohnen am Alten Markt“, von Hans-Jürgen Scharfenberg, 17.12.
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Zu: „Preiswertes Wohnen am Alten Markt“, von Hans-Jürgen Scharfenberg, 17.12. 2011
Nachdem die Potsdamer endlich die Wiedererlangung ihrer historischen Mitte geschafft hatten, hört man vom einstigen Gegenspieler, Herrn Scharfenberg (Linke), nicht mehr viel. Glaubt man. Mit seinem Artikel begründet er den Erhalt des Plattenbaus Am Alten Markt 10 mit dem Erhalt preiswerten Wohnens in Potsdam. Dass es sich dabei mehr um den Erhalt der alten Mietverträge für seine in diesem Haus noch zuhauf wohnende SED-nahe Klientel handelt, wissen nur alteingesessene Potsdamer. Diese Klientel gehört zu seinem Wählerpotenzial und es sind die Leute, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, alle Initiativen für die Beseitigung hässlicher SED-Architektur zu bekämpfen. Die Schaffung von preiswertem Wohnraum im Zentrum von Potsdam ist eine wichtige Aufgabe, die aber auch durch entsprechende Förderprogramme im Neubau zu erreichen ist. Herrn Scharfenberg geht es aber immer erst um Ideologie und Machtkampf. Das bewies er beispielsweise im Jahr 2008, als seine Fraktion Die Linke im Stadtparlament für den Erhalt trostloser innerstädtischer Garagenkomplexe stimmte, um sich damit die Wählergunst der Garagenbesitzer zu erkaufen und um Haaresbreite Wohnungsbau und die innerstädtische Entlastungsstraße ISIS in Potsdam verhindert hätte. Ungewollte Unterstützung erhalten diese Ideologen auch von zugereisten „namhaften“ Architekten, die seit der Wende Ihre Liebe an der sogenannten „Ostmoderne“ gefunden haben. Geprägt von ihren Lehrern, die sich in Westdeutschland zumeist der Vorkriegsmoderne verschrieben hatten, versuchen einige, uns ihre vielfach gescheiterten Ergebnisse der Nachkriegsmoderne noch heute schönzureden. Einer von ihnen ist Professor. Michael Braum, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur mit Sitz in Potsdam. In fast allen Podiumsdiskussionen vertreten, wenn es um Potsdams Mitte geht. In ausschweifenden architekturtheoretischen Abhandlungen bekennt er sich zwar zu begangenen städtebaulichen Fehlern. Im Kern aber steht er ausdrücklich dafür, die so entstandenen „Brüche und Kontraste im Stadtbild“ zu erhalten. Im vorigen Jahr setzte sich Herr Braum Kraft seines Amtes vehement für den Erhalt der vorhandenen Stadt- und Landesbibliothek ein, um so öffentlich ein Gegengewicht gegen Kritiker, wie z. B. den davor warnenden Architekturprofessor Ludger Brands, zu inszenieren. Das Ergebnis war, wie es der Baubeigeordnete Matthias Klipp im Februar 2010 in einer veröffentlichten privaten E-Mail an seine Parteimitglieder schrieb, ein „Desaster“. Sein Vorwurf an die Stadtverwaltung, dass es sich hierbei um einen faulen Kompromiss mit der Linken handelte, brachte ihm erheblichen Ärger mit dem OB ein. Das Desaster hat aber erst begonnen. Kein Mensch mit Augenmaß kann sich vorstellen, wie man kleinteilige Bürgerhäuser, die einmal die östliche Seite der Friedrich-Ebert-Str. säumen sollen, an die riesige und schmucklose westliche Seitenwand der Bibliothek annähern kann. Sarkastisch könnte man meinen, dass mit dem Erhalt des Plattenbaus am Alten Markt 10 dieses Problem für die östliche Seite der Bibliothek dann nicht mehr besteht. Wir hätten einen neuen Schandfleck mehr in Potsdam.
Dietrich Wesch, Potsdam
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