Lesermeinung: Heuern und feuern
Zum PNN-Artikel: „Jobs werden ins Ausland verlagert“. Wieder einmal wird deutlich, weder Lohnverzicht noch massiver Sozialabbau bewegen Großunternehmer dazu Ausbildungsplätze zu schaffen, Arbeitsplätze zu erhalten, geschweige denn neue zu schaffen.
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Zum PNN-Artikel: „Jobs werden ins Ausland verlagert“. Wieder einmal wird deutlich, weder Lohnverzicht noch massiver Sozialabbau bewegen Großunternehmer dazu Ausbildungsplätze zu schaffen, Arbeitsplätze zu erhalten, geschweige denn neue zu schaffen. Unternehmer schwärmen regelrecht, wenn sie von den Produktionsbedingungen in den asiatischen und den ehemaligen Ostblockländern reden. Die Produktionskosten wären dort wesentlich niedriger, weil dort keine Gewerkschaften dreinreden würden, weil die Löhne wesentlich niedriger wären und weil man dort heuern und feuern kann wie es den Unternehmen passt. Ich glaube, erst wenn in Deutschland das soziale Niveau der Philippinen erreicht ist, wäre Deutschland für unsere Großindustrie und andere Unternehmer ein interessanter Standort. Dann würde es endlich mit Deutschland aufwärts gehen. Das sollten wir doch aus der Geschichte der Klassenkämpfe, in denen auch die SPD eine große geschichtliche Rolle gespielt hat, gelernt haben. Bisher lief es ja auch aus Unternehmersicht mit Kanzler Schröder alles recht gut. Der massive Sozialabbau nur bei Kleinverdienern, Arbeitern, Angestellten, Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern und Rentnern passte ihnen gut ins Konzept. Der Streit mit den Gewerkschaften und die Auseinandersetzung um die Tarifautonomie ließ sie auf Schwächung der Gewerkschaften hoffen. Richtig Aufwind bekamen sie als der Kanzler sich Berater aus der Großindustrie holte, die Konzepte für die Reformen der Arbeitsmarkt-, Steuer- und Gesundheits- sowie die Rentenreform erarbeiten sollten. Wie nicht anders zu erwarten war, wurden dann auch Konzepte entwickelt, die nur die breite Masse, aber nicht die Großverdiener aus Wirtschaft, Kultur und Politik belasten. Als so genannter „Autokanzler“ musste Gerhard Schröder doch die Moral von Industriellen, Bänkern sowie von Promis aus Wirtschaft, Kultur, Sport und Politik kennen, richtete sich der Kanzlerappell um Verständnis für die Reformen immer nur an Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Rentner. Nun mit dem Wechsel an der SPD-Parteispitze fürchten Großunternehmen und andere Großverdiener um ihre Pfunde. Die drohende Ausbildungsplatzabgabe, wie auch die Erbschafts- und Vermögenssteuer haben sie aufgeschreckt. Selbst die Steueramnestie für ins Ausland gebrachtes Geld konnte bisher nur wenige Promis bewegen, sich ehrlich zu machen. Es ist schon ein ungeheurer Affront gegen den Deutschen Kanzler, wenn der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Unternehmen dazu aufruft, ihre Produktion in Billiglohnländer zu verlegen und die Chancen der EU-Osterweiterung zu nutzen. Hier werden Millionen von weiteren Arbeitslosen billigend in Kauf genommen, weil die Politik die Bedingungen der Wirtschaft nicht erfüllt. Spätestens nach diesem Aufruf des DIHK Präsidenten, Ludwig von Braun, wird deutlich, wer in Deutschland wirklich das Sagen hat. Harald Koch, Potsdam
Harald Koch
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