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Lesermeinung: Hoffen auf ein Comeback der Werte

Freiheit und Verantwortung: Rücksichtslose Fahrradfahrer in der Brandenburger Straße stören das FlanierenLiebenswert gewordene Erinnerungen an Potsdam verleiten meine Frau und mich und unsere Freunde immer wieder zu einem Besuch in der Stadt. Wir bummelten über die belebte Brandenburger Straße, vorbei an weit in die Straße aufgestellten Tischen und Stühlen und Werbetafeln.

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Freiheit und Verantwortung: Rücksichtslose Fahrradfahrer in der Brandenburger Straße stören das Flanieren

Liebenswert gewordene Erinnerungen an Potsdam verleiten meine Frau und mich und unsere Freunde immer wieder zu einem Besuch in der Stadt. Wir bummelten über die belebte Brandenburger Straße, vorbei an weit in die Straße aufgestellten Tischen und Stühlen und Werbetafeln. Dreist mitten hindurch rasten die Radfahrer. Unsere Bummelfreude wurde durch ein lautes Bremsblechgeräusch gestört. Ein altes Mütterchen hätte um ein Haar einen herannahenden Pedalbürger zum Absteigen genötigt. Der wurde daraufhin laut: „Pass doch auf, Du alte Kuh!“. Dann radelte er davon. Minuten später begegneten wir zwei Polizisten, die freundlich und geduldig sich abmühten, einige Fahrradfahrer auf ihr ordnungswidriges Verhalten aufmerksam zu machen. Aber ein Bürger wollte nicht aufhören, mit gebrüllten Bösartigkeiten die Polizisten zu ärgern. Heute verstehen viele Leute die Freiheit als ihre individuelle Freiheit und übersehen, dass Freiheit auch immer Verantwortung bedeutet. Wirkliche Freiheit erfordert die Bereitschaft, Mitverantwortung für den Nächsten zu übernehmen. Aber leider wird aus Toleranz oft „Tolleranz“. Und da haben wir den Salat: Von wegen Bummelmeile. Entspanntes Spazierengehen und dabei noch genießen ist in der Brandenburger Straße nicht möglich. Ist nun die Zeit gekommen, dass die von den Autofahrern abgedrängten Pedalbürgr die Fußgänger verdrängen wollen? Ähnlich Fragen stellen wir uns bei abendlichen Spaziergängen in Potsdam-West. Die vielen Autos und die vielen Fahrräder vor den Häusern, so als gäbe es keine Hinterhöfe mit Fahrradständern oder einen Keller zur Unterbringung. Nicht selten anzutreffender Hundekot unterstreicht einen Drang zur Natürlichkeit. Erfreulich allerdings, wie die Häuser, zumal mit historischem Charakter, auf das Feinste wieder im alten Glanz zu stahlen beginnen. Auch tröstlich, dass das Stadtschloss wieder aufgebaut und hoffentlich auch bald die Garnisonkirche wieder ersteht. Allerdings: Ob dann auch von einer „unvergleichlichen Harmonie aller Teile, in die sich selbst das Unbedeutende wie selbstverständlich einfügt“ die Rede sein darf? Versuchen wir es einfach und geben wir uns der Hoffnung auf Einsichten hin – auf ein Comeback der Werte.

Hans-Werner Bröcker, Bad Doberan

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