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Lesermeinung: INS UMLAND GEBLICKT

Nicht landestypische Bauformen Axel Hilpert''s Ferien-Resort - bereits von TUI gelistet - ist fertig und hat eröffnet. Eine Anzahl Ferienhäuser im nordamerikanischen Stil neben einem Disney-Schloss im Zuckerbäcker-Stil.

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Nicht landestypische Bauformen Axel Hilpert''s Ferien-Resort - bereits von TUI gelistet - ist fertig und hat eröffnet. Eine Anzahl Ferienhäuser im nordamerikanischen Stil neben einem Disney-Schloss im Zuckerbäcker-Stil. Am Ufer das Restaurant „Ernest“ mit bemühtem Key West-Charme. Das steht nicht in Zehlendorf, Wannsee, Heidelberg, Rammstein oder Spangdahlen, sondern am havelländischen Schwielowsee, zwischen Geltow, Caputh, Ferch und Petzow. Theodor Fontane mochte den Schwielow sehr und hat ihn liebevoll ausführlich beschrieben. Wahrscheinlich stand deshalb sein Denkmal vor dem früheren Jugendtouristenhotel an gleicher Stelle. Abriss und Entsorgung des heruntergekommenen Baues waren ohne Zweifel notwendig, aber zu welchem Preis ? Noch aus Fontanes Zeit, aber auch aus jüngeren Epochen, findet man um den Schwielowsee herum und im weiteren Umfeld eine Menge landestypischer, sehr ästhetischer Bauformen mit deutlichem Bezug zur Mark Brandenburg, ihrer Tradition und ihren Leuten. Da ist in Ferch die schilfgedeckte Katenzeile mit der kleinen Künstlerkolonie. Ihre Bautradition lässt sich unmittelbar verknüpfen mit den Fischerkaten im Ortszentrum von Leest. Besonders markant, die Pferdekopf-Schnitzereien im Auslauf der Giebelbretter. Ein gediegenes Maß an Ortstypischem im unmittelbaren Umfeld bietet das geschlossene Bauensemble von Petzow. Das Schloss, der Lennésche Landschaftspark mit Haussee, Schmiede, Waschhaus, die Fontanestraße, die Schinkelkirche. Alles aus einem Guss, was will man noch mehr? Das Ferienresort Hilpert will sich damit verknüpfen. Die Chance, mit den Bauformen und -dimensionen zu beginnen und so die Verknüpfung deutlich zu machen, wurde gründlich vertan bzw. von vornherein ausgelassen. Weitere ortstypische Formen mit ästhetischem Reiz wären auf dem Rittergut Kemnitz zu finden - mit unverkennbarem Bezug zum alten Rathaus der Inselstadt Werder. Weitere Beispiele: die Gutshäuser in Plessow und Groß Kreuz, die Siedler-Häuschen in Alt-Geltow und Nattwerder oder auch der Mäuseturm am Großen Zernsee. Hat jemand vom Baustab nach so etwas gesucht? Selbst die dem Dessauer Bauhaus zuzuordnenden Villenstudien auf dem Geltower Franzensberg hätten einen architektonischen Anfasser - mit deutlich gesteigertem, umbautem Raum gegenüber den Fischerkaten - und Ortsbezug geboten. Wenn man gewollt hätte. Das spezielle Thema Ferienhaus ließe sich u.a. auch ausgehend vom Brecht/Weigel-Sommerhaus in Buckow bodenständig entwickeln. Man muss nur schauen und wollen. Nicht immer ist halt die Welt des großen Geldes auch die Welt des guten Geschmacks. Die Nutzungspraxis des Ferienresorts wird das wohl auch zeigen. Gutbetuchte mit ästhetischem Anspruch dürften alternativ wählen und buchen. Am dicht benachbarten Großen Zernsee droht nun seit einigen Wochen ein Bauschild ein 20.000 + x Quadratmeter-Wohlfühlzentrum an. Hoffen wir einmal da auf ortstypische, ästhetische Bauformen. Der Havel und dem Haveltourismus täte eine gegenteilige Entwicklung, wie jetzt bei Petzow präsentiert, langfristig wohl gar nicht gut. Banale, gesichtslose Beliebigkeit gibt es in Deutschland schon viel zu viel. Skandinavien, aber auch der Darß, Usedom und partiell das Baltikum geben da höhere Maßstäbe vor. Der Erfolg gibt den dortigen Investoren recht Dr. Bernd-R. Paulke, Potsdam

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