Lesermeinung: Jagd auf Radfahrer

„Polizei will Radler stärker kontrollieren“, 13.4. 07

P wie Polizeistadt? Dieser Eindruck drängt sich zunehmend auf. Ich wohnte schon in vielen deutschen Städten, in keiner war und ist die Polizei so präsent und allgegenwärtig wie in Potsdam – mit Blitzern, Streifen, Kontrollen und so weiter. Das i-Tüpfelchen ist die jetzt erklärte Absicht, die „Jagd“ auf Radfahrer zu verstärken. Es ist erschreckend, dass sich ein Polizeiverantwortlicher in diesem Staat (und in dieser Stadt) wieder hinstellen und sinngemäß verkünden kann, man müsse an jedem Punkt der Stadt das Gefühl haben, kontrolliert zu werden, ohne, dass sich öffentlich ein Aufschrei der Entrüstung erhebt. Ist es schon so lang her, dass Menschen mit solchen Ansichten den Überwachungsstaat perfektionierten? Aberwitzig auch, dass nun mit obrigkeitsstaatlichen Methoden ein Verkehrsmittel systematisch unattraktiv gemacht werden soll, das doch die Stadt angesichts der Verkehrs- und Klimaprobleme stärker denn je fördern müsste. Immer mehr Potsdamer nutzen das Rad, aber die Verkehrsregelungen- und führungen sind weiterhin auf den Autoverkehr, bestenfalls auf die Fußgänger, ausgerichtet. Welcher Radfahrer versteht schon, dass er je nach Laune der Verkehrsplaner hier zwangsweise den Bürgersteig nutzen muss, obwohl die Fahrbahn wesentlich ungefährlicher wäre, und dort aber von patrouillierenden Radpolizisten zur Kasse gebeten wird, wenn er angesichts des Kopfsteinpflasters den Bürgersteig nutzt? Dass die Polizei einschreiten soll, wenn Radler den Verkehr stören oder Fußgänger gefährden, versteht sich von selbst. Aber das, was angekündigt ist, geht darüber weit hinaus und lässt jedes Augenmaß vermissen. Wenn die Politik dieser Stadt sich von der Polizei so majorisieren lässt, darf sie sich über das Ergebnis später nicht wundern.

Reinhart Binder, Potsdam