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Lesermeinung: Joachim Gauck: Nur für die Kirche oder Präsident für alle?

Ist durch Besinnung und Fasten dem höchsten Staatsamt besser gedient?Nachdem Horst Köhler aufgegeben hat, bin ich fassungslos angesichts der Steigerungsmöglichkeiten.

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Ist durch Besinnung und Fasten dem höchsten Staatsamt besser gedient?

Nachdem Horst Köhler aufgegeben hat, bin ich fassungslos angesichts der Steigerungsmöglichkeiten. Nach der Inszenierung des jüngsten Medienspektakels um den mittlerweile auch aus dem Amt geschiedenen Christdemokraten Wulff will man uns nun völlig überraschend einen verheirateten Theologen als den möglicherweise Würdigeren für das höchste Amt präsentieren. Zugegeben, Joachim Gauck ist eine interessante Persönlichkeit, ein Intellektueller mit einer bemerkenswerten Vergangenheit, und als Präsident will er gewiss eine Integrationsfigur für alle Bürger dieses Landes sein. Gleichzeitig wird er aber auch immer ein Repräsentant für Kirche und Glauben bleiben. Sollen wir es nun mit dem Apostel Paulus halten, der den Nachfolgern Christi zuruft: „Alles ist möglich, dem der da glaubt“, oder will der designierte Präsident seinerseits Gottesfurcht beweisen und vor der roten Ampel innehalten, an der vorbei der letzte Amtsinhaber – möglicherweise geblendet von der erwarteten Ehre – ins Verderben gestürmt ist? Alles scheint möglich geworden zu sein im überhastet zusammengeschweißten Europa. Wer aber unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten die Abschaffung kirchlicher Feiertage betreibt und es dabei zulässt, dass jedes Jahr wieder im Februar durch öffentliche Gelage ein nicht zu beziffernder Schaden für unseren durch gewissenlose Finanzjongleure ohnehin schon genug gebeutelten Staat entsteht, den frage ich, ob nicht durch Besinnung und Fasten dem höchsten Staatsamt besser gedient wäre als durch solch ein Hasten? Wer in leichtfertigem Vertrauen auf die Legitimität der Dr.-Selbert'schen Scheidungsgesetzgebung die von Gott gegebene Zeit zur Buße ungenutzt verstreichen lässt, der klage nicht über die Höhe der folgenden Rechnung.

Dr.med. Felix Lion, Volkmarsen

Nicht gleich wieder anfangen zu mäkeln

Warum nicht Joachim Gauck als Präsidentschaftskandidat aller Deutschen? Einigkeit bei allen demokratischen Parteien. So wäre es recht. Gewiss, es gab Diskussionen. Und die „realen“ Sozialisten blieben „draußen“, ebenso wie die „nationalen“. Doch beeindruckend die Bundeskanzlerin: Gaucks Lebensthema sei die „Idee der Freiheit in Verantwortung“. Dies verbinde sie als Ostdeutsche - „bei aller Verschiedenheit“ - mit Gauck. Fast 70 Prozent aller Deutschen wünschen ihn sich als Präsidenten. Das ist doch was. Natürlich sollten die Menschen ihre Erwartungen nicht übertreiben: Wer einen „Übermenschen“ erwartet, dessen Enttäuschung ist sicher. Auch ein Präsident ist nur Mensch. Doch ein bisschen Hoffnung darf schon sein. Bereits einsetzende Kritik von ewig Gestrigen, denen die ganze Demokratie nicht passt, oder gar von parlamentarischen Witzfiguren, die ihm übel nehmen, wenn er die Verstaatlichung von Banken „albern“ und die Äußerungen Sarrazins „mutig“ findet – geschenkt. Solch starke Worte, abseits politischer Korrektheit, erhoffen wir uns künftig mehr. Und Merkel? Sie hatte die Größe, kleinliche parteipolitische Rücksichten Vergangenheit sein zu lassen. Und die FDP? Endlich wieder eine mutige Eigenentscheidung. Hoffentlich hilft sie der gebeutelten Partei wieder auf die Beine. Wir brauchen sie noch. Und die Opposition? Ja, sie wollte Gauck von Anfang an. Das muss man ihr lassen. Aber bitte jetzt nicht gleich wieder anfangen zu mäkeln. Dr. E.M. v. Livonius, Geltow

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