Lesermeinung: „Kampf“ gegen freie Schulen beschleunigt Verödung im Land
Zu: „Moderne heißt jetzt Schrumpfung“, 16.2.
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Zu: „Moderne heißt jetzt Schrumpfung“, 16.2. Mit Interesse habe ich den Bericht gelesen. Ob die Landesregierung die Botschaft zu hören vermag, ist mehr als zweifelhaft. Sie ist dabei, seltene ländliche Entwicklungszentren, die aus bürgerschaftlichem Engagement entstanden sind, dauerhaft zu zerstören. Beispiel: Carmzow-Wallmow liegt im Landkreis Uckermark; Bevölkerungsentwicklung des Landkreises (1990 bis 2000): Minus 12 Prozent. Dabei ist die geringe Geburtenzahl das kleinere Problem, das größere sind die Wegzüge. Wallmow ist ein Gegenbeispiel zum Trend. Das Dorf hat den jüngsten Altersdurchschnitt weit und breit. Zahlreiche junge Familien sind dorthin gezogen. Gewerbe hat sich angesiedelt. Die Gründung der Dorfschule hat dies ermöglicht. Weil es dieSchule in freier Trägerschaft dort gibt, wohnen dort auch Familien mit Kindern. Bei der schwachen Infrastruktur nehmen sie manches auf sich. Mit der Schulgründung haben sie ein gutes Beispiel für bürgerschaftliches Engagement gegeben. In der Landesregierung bereitet man nun ein regelrechtes „Attentat“ auf freie Schulen vor: Obwohl alle Einsparungen auch die freien Schulen treffen, sollen die freien noch ein Sonderopfer bringen: Zu dem einen Prozent, das alle Schulen betrifft, noch drei Prozent nur für die freien Schulen. Außerdem – Bürgerrechte hin, Bürgerrechte her – werden Vorkehrungen getroffen, dass weitere Schulgründungen unterbleiben. Wenn die Wallmower Kinder die sechste Klasse absolviert haben, wird es dort keine freie Schule mehr geben. Die freien Schulen sollen nach ihrer Errichtung ganze drei (statt bisher zwei) Jahre völlig ohne staatliche Zuschüsse auskommen. Sie bekommen die Zuschüsse nicht nachgereicht, wenn sie sich bewähren. Die Möglichkeit, einzügig zu beginnen, soll ihnen nun per Gesetz untersagt werden. Der „Kampf“ gegen Schulen in freier Trägerschaft beginnt hysterische Züge anzunehmen. Gewiss, das staatliche Schulwesen steht hinsichtlich seines notwendigen Personalabbaus mit dem Rücken an der Wand. Es besteht aber Gefahr, dass in dieser Situation genau das zerstört wird, was dem Land Brandenburg mit seiner Verödungsproblematik allein helfen kann: Bürgerschaftliches Engagement vor Ort. In Sonntagsreden wird es zwar von den Politikern gelobt, in der praktischen Politik aber nicht nur nicht gefördert, sondern missachtet und bekämpft. Eltern sollen zu Schulen gezwungen werden, die sie nicht wollen. Christoph Schröder, Vorsitzender der AG freier Schulen Brandenburg
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