Lesermeinung: Klavierkabarettist
Zu: „Kein Anecken. Bodo Wartke gastierte im Kutschstall-Ensemble“, 16.
Stand:
Zu: „Kein Anecken. Bodo Wartke gastierte im Kutschstall-Ensemble“, 16.8.
Ich muss mich tatsächlich fragen, ob die Autorin auf derselben Veranstaltung war wie ich. Der „junge Künstler“ Bodo Wartke ist mittlerweile weit mehr als ein Jungtalent, er ist ein gestandener Entertainer, Poet, Pianist oder wie er selbst sagt „Klavierkabarettist“. Niemand in diesem Land vermag so mit Sprache zu spielen wie er und dies gleichzeitig musikalisch derart virtuos umzusetzen. Er hat den Titelsong für den letzten Kirchentag geschrieben, den Kleinkunstpreis der Wühlmäuse ergattert und das Drama um Ödipus umgeschrieben, in welchem er alle 16 Rollen selbst spielt.
Er spielt Klavier, Cajón, Schütteleier und singt dazu. Er reimt, rappt, steppt und wickelt mit seinem Charme jedes Publikum um den Finger. Angesichts der Genialität dieses Mannes muss man der Kritik entweder Ignoranz oder Bösartigkeit unterstellen. Wer sich bei Bodo Wartke nicht gut und intelligent unterhalten fühlt, dem ist nicht zu helfen. Nebenbei spricht er auch kleine und große Themen abseits der Liebe an: Apple, Bush und Architektur. Auch ein Lied wie „Ein Denkmal denkt“ überzeugt durch den Tiefgang, der diesem Konzert mit dem Text abgesprochen wurde. Aber in Zeiten von Comedians, die krampfhaft und talentlos versuchen lustig zu sein, ist dieser Mann eine wahre Wohltat. Jung und alt lachen dort gemeinsam, stilsicher umschifft er sprachlich jede thematische Klippe und interagiert spontan mit dem Publikum. Ach so, Bodo Wartke hat auch ein Liebeslied mit dem Vornamen der Autorin im Repertoire. Vielleicht versöhnt es sie ja ein bisschen.
Sebastian Pape, Potsdam
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