Lesermeinung: „Lasst den Künstlern das Quartier!“
Zu: „Fluxus-Auto falsch geparkt“, 10.9.
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Zu: „Fluxus-Auto falsch geparkt“, 10.9. Potsdam entwickelt mit der Schiffbauergasse ein einzigartiges kulturelles Potential. Das Fluxus-Projekt ist würdig, diesen Kulturstandort zu bereichern. Aber man wird Wolf Vostell nur mit einem Standort nahe einer Straße oder auf einem Parkhaus nicht aber am Wasser gerecht. Ich würde das „Fluxus Mobil“ auf die Nuthestraße stellen. Die Diskussion um das Projekt zeigt: Man benötigt ein Gesamtkonzept. Die Schiffbauergasse darf sich nicht zu einem „Kulturstandort“ mit einem Nebeneinander von solitären kulturellen Einrichtungen entwickeln. Stattdessen muss die Schiffbauergasse als „Kulturquartier Schiffbauergasse“ begriffen werden. Ein lebendiges Quartier entwickelt sich nur, wenn es für Kulturschaffende und Besucher eine hohe Aufenthaltsqualität gibt. Dies bedarf der Vernetzung und Vielfalt von Nutzungen. Die Stadt Wien zeigt mit ihrem Museumsquartier, was möglich ist. Wohnen, Arbeiten, Experimentieren, Darstellen, Unterhalten und Shoppen gehören dazu. Haar und Hutdesigner dürfen dabei sein. Lasst den Künstler das Quartier, die Kirche im Dorf und das Auto auf der Straße! Dipl. Ing. Michael Springer, per E-Mail Platz als wirtschaftlich wichtigen Faktor sichern! Der offene Brief der Kulturträger der Schiffbauergasse an den Oberbürgermeister zeigt eines deutlich: Das Fehlen der Moderation durch die Beigeordnete Frau Fischer. Man mag kaum glauben, dass die Anregung aus dem Kulturaussschuss am 11. August zu unmittelbaren Gesprächen und zu einem Besuch der Träger in der Fluxus-Sammlung bis heute nicht realisiert wurde. Warum kann nicht auf kleinem Dienstweg mit der Baubeigeordneten geklärt werden, dass der Platz für den Biergarten neben der Tanzfabrik - ein wirtschaftlich wichtiger Faktor - trotz Fluxus-Auto gesichert wird? Man muss um Einsicht bei den Kulturträgern werben: Eine Kunsthalle ausschließlich für zeitgenössische Kunst ohne eigenen Bestand würde keinen Stifter finden und öffentliche Mittel würde es dafür nicht geben, zumal im Zentrum für Kunst und Soziokultur (ZKS) bereits ein Kunstraum dafür vorgesehen ist. Das heißt: Der Platz würde ohne Fluxus lange leer bleiben. Die gefürchtete „Musealisierung des Standortes“ ist eine irreale Übertreibung, zumal bei einem Fluxusmuseum, welches Veränderung zum Prinzip erklärt. Gerade ein solches Museum kann den experimentellen Kunstraum des Waschhauses ergänzen und das „Konzept der Schiffbauergasse“, das aus der spontanen Ansiedlung immer neuer Träger entstanden ist, bereichern. Besonders verheerend ist mal wieder die Außenwirkung: Potsdam bekommt das Angebot einer interessanten Sammlung, sogar ohne Kosten, und schon heißt es, wir nehmen nicht den ersten besten. Peinlich. Warum redet man nicht miteinander, verhandelt beispielsweise über das Größenverhältnis von ständiger Präsentation und Wechselausstellung? Allerdings würde das die ebenfalls hinterfragte wirtschaftliche Kalkulation des Betreibers belasten. Der Furcht, das Blechauto könne als Bürohaus enden, begegnet der B-Plan, der eine kulturelle Nutzung festschreibt. Das ist bekannt und könnte durch eine Sicherung im Grundbuch noch unterstützt werden. Es kann doch nicht so schwer sein, alle an einen Tisch zu holen und diese Fragen zu klären. Potsdam soll eine Stadt sein, die sich aufgeschlossen gegenüber der Kunst des 20. Jahrhunderts zeigt. Die gegenwärtige Debatte ist kein gutes Signal. Saskia Hüneke, Potsdam
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