Lesermeinung: Lennéstraße Nummer 44 – ein weiterer Fremdkörper?
Gedanken zum Bauvorhaben in der Lennéstraße 44Reisebusse bringen Touristen in die Brandenburger Vorstadt, verkeilen sich oft in engen Straßen. Es hat sich herumgesprochen: Potsdam hat ein einzigartiges, fast geschlossenes Gründerzeitviertel, im Jugendstil und in der Nähe zum Park.
Stand:
Gedanken zum Bauvorhaben in der Lennéstraße 44
Reisebusse bringen Touristen in die Brandenburger Vorstadt, verkeilen sich oft in engen Straßen. Es hat sich herumgesprochen: Potsdam hat ein einzigartiges, fast geschlossenes Gründerzeitviertel, im Jugendstil und in der Nähe zum Park. Nur gut, dass die Hüter der „Denkmalpflege- und Gestaltungssatzung“ wachsam auch geringe Verstöße aufspüren und verhindern. Aber es kann ja mal ein peinlicher Fehler passieren, wenn zum Beispiel in der Carl-v.-Ossietzky-Straße ein Ziegelbau genehmigt wird, der in der architektonischen „Musik“ der Straße, durch Form und Materialstruktur als schmerzhafte Dissonanz wahrgenommen wird. Der Aufschrei kam zu spät.
Die Baulücke Lennéstraße 44 sollte still in ähnlicher Weise gefüllt werden und gerät nun zum Paukenschlag gegen die Bauverwaltung. Wie ist es möglich, eine Baugenehmigung zu erlangen, die mit ihrer fünfstöckigen Fassade gegen fast alle relevanten Punkte der Gestaltungs-, der Erhaltungs- und der Denkmalpflegesatzung verstößt? Wo bleiben Sachverstand, Verantwortung und Vernunft? Die nichtöffentliche Behandlung legt die Vermutung nahe, dass es unangenehme Wahrheiten zu verbergen gibt. Architektur ist aber in höchstem Grade öffentlich wirksam.
Dieses Gebäude steht an zu exponierter Stelle mit Blickbeziehung zum Kulturerbe, in einem architektonischen Kontext außerordentlicher Güte, als dass man es als „peinliches Missgeschick“ tolerieren könnte.
Karin Flegel, Potsdam
„Wir wollen keine weitere Bausünde!“
Wie in der Carl-von-Ossietzky-Str. 11-12, gleich um die Ecke, ist die Fassadengestaltung in der Lennéstraße 44 hoch problematisch: Das Gebäude ist zu hoch, in der Relation zu den Nachbarhäusern. Hier muss unbedingt korrigiert werden! Die Lückenschließung in der Carl-von-Ossietzky-Straße ist ein disharmonischer Klinkerbau mit zusätzlichem Stockwerk, der wie ein Fremdkörper wirkt. Werden die Pläne für die Lennéstraße verwirklicht, entsteht ein weiterer Fremdkörper. Durch ein aufgesetztes Obergeschoss hat der Neubau dann fünf Stockwerke, während das Haus Lennéstraße 43a nur drei besitzt und Nummer 45 nur ein Geschoss hat. Die beiden niedrigen Obergeschosse der geplanten Nummer 44 überragen in Gänze des Nachbarhauses. Schlimmer geht es kaum.
Wie konnte das genehmigt werden? Bürger und der Verein Brandenburger Vorstadt sind entsetzt über eine solche Planung, die auf maximale Mieteinnahmen setzt, ohne die Nachbarfassaden zu berücksichtigen. Diese Planung spricht dem Namen des Bauherren „Denkmal Immobilie GmbH“ Hohn und passt nicht zur Gestaltungssatzung für die Brandenburger Vorstadt.
Infolge der massiven Proteste gegen die Bausünde in der Carl-von-Ossietzky-Straße wurden später die Nachbargrundstücke wesentlich sensibler bebaut, und zwar durch denselben, lernfähigen Bauherren. Vor Baubeginn gab es die fällige Anhörung im Ausschuss für Stadtentwicklung. Warum gab es dieses Mal keine Anhörung? Die Krone wird dem Ganzen dadurch aufgesetzt, dass die disharmonische Fassade der Lennéstraße 44 vom Park Sanssouci aus deutlich zu sehen sein wird. Was hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zu den Plänen gesagt?
Es soll doch wohl auch deshalb so hoch gebaut werden, um von den oberen Geschossen den Blick auf den Park voll genießen zu können.
Hier scheint mehr auf die Mieteinnahme-Maximierung als auf die Verträglichkeit mit den Nachbarbauten und dem Park Sanssouci geachtet worden zu sein.
Wir wollen keine weitere Bausünde in unserem Sadtteil, wir fordern eine deutliche Änderung der Pläne und eine öffentliche Anhörung im Stadtentwicklungsausschuss!
Dr. Manfred Menning, Verein Brandenburger Vorstadt e.V.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: