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Lesermeinung: Lobbyismus

Zu: „Bauverbot am Glienicker Horn kassiert. Nach Griebnitzsee kippt Gericht nun Welterbe-Schutz – weil Potsdam Privateigentum missachtet hat“, 4.

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Zu: „Bauverbot am Glienicker Horn kassiert. Nach Griebnitzsee kippt Gericht nun Welterbe-Schutz – weil Potsdam Privateigentum missachtet hat“, 4.5.2010

Die Demokratie ist ein hohes Gut, aber wenn Urteile die Baulobby und subjektive Vorstellungen stützen, dann wird diese Feststellung zur Frage. Schon 1990 hatte ich mit Leuten zu kämpfen, denen die Interessen der Baulobby mehr Wert waren als die Verpflichtung zum Schutze unseres Kulturerbes, weil sie ganz einfach nicht in der Lage waren, wahre Werte zu verstehen. So wurde die Bebauung am Glienicker Horn durchgewunken – gegen die Vernunft. Nicht zu Unrecht wurde Potsdam die rote Karte der Unesco gezeigt, denn die Verantwortung für das Welterbe fordert mehr ein, als es die dem „Kleinklein“ verhafteten Lobbyisten in der Lage sind zu tun. Das ausgerechnet ein Urteil Minimaldenkweisen vor der Verantwortung für das Welterbe sieht, ist dabei mehr als nur skandalös. Und noch einmal: Wenn das zugebaut wird, was Potsdam so attraktiv macht, dann wird das weg sein, was alle die, die dem Bauboom gefolgt sind, vernichtet haben – sie werden sich dann in der zugebauten Beliebigkeit wieder finden. Man muss auch einmal etwas für die Nachwelt erhalten, selbst wenn das in mancher Gedankenwelt keinen Platz hat. Wer die Wurzeln schädigt, hat nichts mehr woran er sich aufrichten kann! Potsdam partizipiert vom kulturellen Ruf des 18. und 19. Jahrhunderts, besonders von der „gebauten Kultur“ in ihrer Einheit von Architektur und Landschaft – Potsdam ist ein Gesamtdenkmal, in dem das Bauen eine zutiefst kulturelle Angelegenheit ist, daran dürfen auch Urteile nichts ändern wollen, sonst verkommen wir im Lobbyismus.

Horst Prietz, ehemaliger Vorsitzender des Kulturausschusses

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