Lesermeinung: Montessori hilf!
Warum nur schleppen sich die brandenburgischen Schul-Leistungen so mühsam auf den letzten Plätzen? Obwohl doch auch hier und speziell in Potsdam angeblich Leuchttürme der Schul-Pädagogik strahlen!
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Warum nur schleppen sich die brandenburgischen Schul-Leistungen so mühsam auf den letzten Plätzen? Obwohl doch auch hier und speziell in Potsdam angeblich Leuchttürme der Schul-Pädagogik strahlen! Etwa die Montessori-Schule als „Schule mit besonderer Prägung". Da sollen die Kinder vornehmlich durch vielversprechende Projektarbeit zu eigenständigem Lernen angeregt werden. Das wird einem in der Presse immer wieder vor Augen geführt: Die Schulleitung lobt sich selbst ebenso gerne wie sie andere kritisiert. An dieser Schule wird wirklich ultramoderne Pädagogik betrieben: Vorbereitung der Schüler auf hochflexibles Agieren in einer unübersichtlichen, widersprüchlichen Welt! Durch eine Pädagogik, die eben diese Unübersichtlichkeit und Widersprüchlichkeit in die Schule hinein holt und zum pädagogischen Prinzip erhebt. „Out" ist die traditionelle Vorstellung, dass Schüler insbesondere dann freudig lernen, wenn sie sich zusammen mit befreundeten Schulkameraden mit einer Sache gemeinsam beschäftigen und sich dabei gegenseitig helfen! „In" ist das Prinzip, Klassengruppen aus Schülern zusammen zu setzen, die mehr schlecht als recht miteinander auskommen. Denn nur in solchen unglücklichen sozialen Konstellationen können Schüler lernen, sich zu einem Arbeitsergebnis auch dann durchzubeißen, wenn das soziale Umfeld zur zusätzlichen psychischen Belastung wird. Eine pädagogische Steigerung ist dadurch noch möglich, dass nicht nur die Anforderungen widersprüchlich gehalten werden, sondern auch die Leistungs- und Bewertungskriterien undurchsichtig bleiben. Denn nur dann haben die Schüler die Möglichkeit, hohe soziale Sensibilität (Empathie) zu entwickeln, um beispielsweise herauszufinden: Was könnte die Lehrerin K. mit der Andeutung zur bevorstehenden Klassenarbeit denn gemeint haben? Vor dem Hintergrund der vielschichtigen sozialen Abhängigkeiten in der modernen Gesellschaft ist es eminent wichtig, dass man in der Lage ist, aus dem Kaffeesatz zu lesen. Die bevorzugte Projektarbeit bietet den weiteren Vorteil, dass man einzelne Schüler oder Schülergruppen, die ein Projekt gemeinsam bearbeiten, in ganz unterschiedlicher Intensität anleiten kann. Nur so können die Schüler die spürbare Erfahrung machen, wie es ist, wenn man mit unterschiedlichen Startchancen und Unterstützungsleistungen zurecht kommen muss, um am Ende dann gleichwohl über einen Kamm geschert und nach vermeintlich einheitlichem Maßstab benotet zu werden. Wenn die pädagogisch hoch geschätzte Projektarbeit nicht vorankommt, dann kann (und darf) das nicht etwa daran liegen, dass den Schülern noch nie jemand erklärt hat, wie man ein Projektthema systematisch angeht, oder dass der Unterricht vielleicht stinklangweilig ist. Sondern höchstens daran, dass die Schüler unaufmerksam, uneinsichtig oder gar „beratungsresistent" sind. Oh, ihr Lehrerinnen! Es wäre wirklich wünschenswert, wenn manche die Aufforderung, kritisch über die Dinge nachzudenken, auch an sich selbst richten würden! Zum Wohl der Heranwachsenden, die der Schule anvertraut sind! Oh, Maria Montessori hilf! Prof. Dr. Jürgen Baur, Potsdam
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