Lesermeinung: Müll-Historie zur Leipziger Straße
Speicherstadt: Hohe Hürden für Uferweg Stadt drohen eine Million Euro Vertragsstrafe, 22.2.
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Speicherstadt: Hohe Hürden für Uferweg Stadt drohen eine Million Euro Vertragsstrafe, 22.2.
Wie den PNN zu entnehmen, hat man Bedenken, das von den Wasserwerken abgesperrte Wassergrundstück an der Leipziger Straße freizugeben. Die Hintergründe sind nicht allgemein bekannt.
In der Kaiserzeit vermisste die Stadt wegen der vielen Schlösser, Parks, Waldungen und Seen geeignete Müllabladeplätze. Deshalb kaufte sie 1889 das Grundstück Leipziger Straße 14 direkt an der Havel und lagerte dort, auf einer Wiese im südlichen Teil, den städtischen Hausmüll ab. Als diese Senke voll war, vereinbarte die Stadt mit der Wasserstraßenverwaltung, den Rand der Havelbucht mit Müll verfüllen zu dürfen.
Die Müllschüttung hinderte die Stadt nicht, unmittelbar daneben 1904 die Siedlung Cecilienhöhe zu errichten. Sie war für Arbeiter vorgesehen. Wegen des Geruchs musste der Betrieb der Gaststätte Neuer Tornow eingestellt werden. 1900 ging auf dem Grundstück Leipziger Straße 14 – die Müllschüttungen waren in vollem Gange – das zweite Wasserwerk in Betrieb. Auf der Webseite der Stadtwerke liest man: „Auch in der Leipziger Straße gab es Schwierigkeiten mit der Wasserqualität. Also knobelte man daran, der prekären Lage Herr zu werden. Das Grundwasser wurde durch Zerstäubung belüftet, mit Sauerstoff angereichert und in 6 offene Schnellfilter geleitet.“ Die Müllschüttungen in die Havel begannen an den Seiten der Bucht. Auf diese Weise gewann man etwa 18 000 Quadratmeter Gelände. Die vollständige Verfüllung der Havelbucht, wie sie geplant war, erwies sich wegen der tiefen Gewässersohle als unpraktikabel. Zwischen den Müllschüttungen wurde deshalb 1909 eine städtische Badeanstalt errichtet. Nach dem Tod Roesickes erwarb die Stadt 1910 seine Grundstücke in der Templiner Straße. Hierzu gehörte die Waldwiese, wo in Folge der Müll abgeladen wurde.
Während des I. Weltkriegs wurde die Müllschüttung als Ackerland verpachtet. Nach Kriegsende entstand hier die Holzhaussiedling Vorderkappe.
Die Müllschüttungen an der Havelbucht von 1897-1910 hatten noch ein langjähriges juristisches Nachspiel, da die Havel dem Staat gehörte. Es endete 1921 damit, dass die Stadt die durch Müllschüttung entstandenen Havelparzellen dem Staat abkaufte. Sie sind heute Bestandteil des hermetisch abgeriegelten Parks des Wasserwerks, ausgewiesen als „Wasserschutzzone“.
Auf der Müllschüttung Waldwiese schließlich entstand 1937-38 eine Dauerkleingartenanlage. Heute ist dieses Gebiet als Trinkwasserschutzgebiet ausgeschildert. Dieser Text entspricht der Aktenlage.
Dr. C. A. Wimmer, Potsdam
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