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Lesermeinung: Neue Armut

Zu: „In den Mercedes verkrochen“, 2.6.

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Zu: „In den Mercedes verkrochen“, 2.6.

Über den Artikel über das verarmte Ehepaar habe ich mich geärgert. Für mich, die ich Wohnungen vermiete und in sieben Jahren zwischen 20 und 30 Zwangsräumungen durchführte, stellen sich einige Fragen. Was haben die beiden eigentlich mit ihrer Rente gemacht? Die Miete sollte doch von der Rente bezahlt werden. Es mag sein, dass sie in einer für ihre Rente zu teuren Wohnung wohnten. Dann müsste das Paar in eine kleinere Wohnung oder in einen Stadtteil ziehen, in dem die Mieten niedriger sind.

Wenn die beiden früher wohlhabend waren, dürfte auch die Rente gut ausfallen. Sie lebten offensichtlich viele Jahre über ihre eigentlichen Verhältnisse. Wie Sie so schön schreiben: „Sie konnten es sich bis zum Schluss nicht selbst eingestehen. Sie haben mit einer Selbstlüge gelebt.“

Ich glaube, viele Leser fragen sich nicht, wie viele Menschen diese beiden Eheleute wegen ihrer eigenen Selbstlüge ebenfalls belogen haben. Sie schreiben, der Strom sei abgestellt worden und sie wurden zwangsgeräumt. Was meinen die Leser, wie viele Aufschübe von Zahlungen, wie viele Ratenvereinbarungen die beiden erreichten, indem sie Mitleid heischend bei den Gläubigern anriefen? Ihre Leser sollten wissen, dass die Zwangsräumung einer Wohnung einige tausend Euro kostet. Woher soll jemand, der seine Eigentumswohnung vermietet, so viel Geld nehmen? Das „arme Ehepaar“, über das Sie schreiben gibt beim Gerichtsvollzieher eine Eidesstattliche Versicherung ab und der Vermieter wird sein Geld niemals wieder sehen. Wegen dieser Selbstlüge, für die Ihr Artikel soviel Mitleid aufbringt, sind anderer Leute in finanziellen Schwierigkeiten. Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, werde ich mich mit meinem Mitleid zurückhalten.

Anja Schultz, Bielefeld

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