Lesermeinung: Per se „links“?
Zu: „Erneut Pöbeleien zwischen Rechts und Links“, 9.8.
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Zu: „Erneut Pöbeleien zwischen Rechts und Links“, 9.8. Die Art und Weise der Berichterstattung zu Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten ruft mich nun schon zum dritten Mal auf den Plan. Der Artikel gibt nichts für eine „Gewaltspirale“ her. Zum einen scheint jede öffentlich bekundete Ablehnung neonazistischen Verhaltens per se als „links“. Bedeutet dies, dass man sich nicht mehr solidarisieren sollte, weil Antifaschismus einen in Gefahr bringt? Ein Ausdruck dafür könnte sein, dass sich niemand in der voll besetzten Tram als Zeuge für diesen Überfall gemeldet hat. Leben wir in einer Welt, wo man sich damit zufrieden gibt, Aktionsformen zu bejubeln, die von der Politik, also nicht von Linken, gut geheißen wird, wie beispielsweise die vor Jahren aus der Notwendigkeit entstandenen „Aktion Noteingang“? Zumindest können die Bürger mit Hilfe einiger Medien immer wieder beruhigt sagen, sie hätten mit diesem „Bandenkrieg“ nichts zu tun. Das Bewusstsein für die Gefahren dieser viel beschworenen freiheitlich-demokratischen Gesellschaft scheinen nichts wert zu sein. Der Staat und andere werden es schon richten. Nicht einmal das Wissen um die deutsche Geschichte scheint auszu reichen, um gegen die Gewalt des Neofaschismus vorzugehen. Zum anderen führt die Stigmatisierung eines vermeintlichen Bandenkrieges, der sich selbstverständlich am Rande und nicht etwa in der Mitte der Gesellschaft abspielt, zur Verharmlosung von Geschichte und Gegenwart. Über 100 Menschen haben durch Neonazis seit 1990 den Tod gefunden. Prügelnde und mordende Horden durchstreifen das Land. Es werden CDs mit menschenverachtenden Inhalten an Kinder in Schulen verteilt und niemand will was gesehen haben? Mit aller Deutlichkeit ist zu sagen, dass Neonazis und ihre Schergen, die Straßen unsicher machen für Ausländer, für so genannte „Behinderte“, Obdachlose, Homo- und Transsexuelle, Linke, alternativ Aussehende und alle anderen, die nicht in das „arische Übermenschenbild“ passende Menschen. Gewalt und Brutalität lassen eher nicht darauf hoffen, dass die Würde des Menschen geschweige denn seine organische Hülle geachtet wird. Marek Winter, per E-Mail
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