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Lesermeinung: Potsdam gewinnt durch sichtbare Beziehung zum Wasser

Zu: „Neues Holländisches Viertel im Lustgarten“, 4.3.

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Zu: „Neues Holländisches Viertel im Lustgarten“, 4.3.

Der Vorschlag der FH-Professoren, Potsdam zum Wasser hin zu öffnen, um die Stadtmitte zu entwickeln und neue Ideen für das Wohnen einer zukünftigen „Stadtgesellschaft“ zu gewinnen, ist richtig. Zu lange wurde die schönste Facette der Stadt, nämlich seine einzigartige Lage in einer Lagune aus Grün und Wasser, vernachlässigt. Durch eine sichtbare Beziehung zum Wasser würde Potsdam gewinnen. Es verwundert jedoch, dass dem Konzept gleich hektarweise Potsdamer Bausubstanz zum Opfer fallen soll. Nicht nur das Mercure-Hotel, auch der ehemalige FH-Komplex, die Speicherstadt sowie ein Großteil des Viertels zwischen Heilig-Geist- und Nikolai-Kirche sollen baulich neu gestaltet werden. Gleichzeitig bahnen die Planer dem Autoverkehr neue Wege ins Herzen der Stadt, zwingen das Filmmuseum auf eine Verkehrsinsel und betonieren sowohl das Ufer der Alten Fahrt, als auch den Lustgarten. Mich erinnert solch ein Vorgehen doch sehr an den (ost- wie auch westdeutschen) Abriss- und Planungswahn der 1960er Jahre, wo dem ungenügenden Respekt vor zurückliegenden Architekturepochen manch Baudenkmal zum Opfer fiel.Ich frage mich daher, inwieweit das vorgestellte Konzept realistisch und sinnvoll sein kann? Die gewünschte Neugestaltung könnte durch kleinräumigere Lückenbauten, einem pragmatischeren Einbezug des Vorhandenen und vor allem durch ein konsequentes Verkehrskonzept sicherlich leichter erreicht werden.

Andreas Bergner, Potsdam

Zum Leserbrief von Klaus Becker, Werder/Havel, 20.3.

Ich stimme dem Beitrag nicht in allen Punkten zu . Wenn sich der Leser sich erhofft, dass nicht das Niveau der Wilhelm-Galerie und des IHK-Gebäudes der Maßstab ist, so möchte ich ohne militärische Ambitionen daran erinnern, dass der „ Soldatenkönig“ die Potsdamer Altstadt zu seiner Residenz ausbaute und mit der typisierten Soldatenstadt die größte kurzfristige Stadterweiterung seiner Zeit vornahm. Die Gebäudekarrees bestanden weitgehend aus Fünf- oder Siebenachsenhäusern und wirken durch ihre Proportionen noch heute auf Besucher anziehend. Ich vermute, dass die Architekten, der von dem Leserbriefschreiber negativ benannten Bauten, mit ihren stupid wirkenden Wiederholungen an die Soldatenstadthäuser anknüpfen wollten.

Der König hatte bei all seiner Sparsamkeit in wirtschaftlichen Dingen, vermutlich unbewusst, einem Baustil Vorschub geleistet, der den Notwendigkeiten des Kunstgebildes Preußen entsprach, mit dem er sogar internationale Anerkennung fand. Dass heutige Architekten beim Bauen im Bestand des Stadtkerns von 1735 versuchen den Zeitgeist der Soldatenstadt nachzuempfinden und wie beim IHK-Gebäude, diesen im Sinne des Erinnerns verstärkt zum Ausdruck bringen, empfinde ich als Geste der Hochachtung gegenüber den Baukünstlern und Handwerkern der damaligen Zeit und absolut gelungen. Potsdam war in dieser Erweiterungszeit ein großes und durchaus lebensbedrohendes Gefängnis, das auch noch in der Regierungszeit seines toleranten Sohnes Bestand hatte.

M. Meyer, Architekt

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