Lesermeinung: „Potsdams verwundete Mitte heilen“
Zu: „Zur laufenden Debatte über den Umzug des Landtags in die Stadtmitte“, Leserpost, 25.4.
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Zu: „Zur laufenden Debatte über den Umzug des Landtags in die Stadtmitte“, Leserpost, 25.4. In diesem Leserbrief wird der Wiederaufbau des Stadtschlosses als „Plagiat“ bezeichnet. So interessant die weiteren Ausführungen sind, ein „Plagiat“ kann und will der Wiederaufbau nicht sein. „Plagiat“ heißt „Diebstahl geistigen Eigentums. Hier geht es aber doch um etwas völlig anderes: Ein Bauwerk, das menschliche Dummheit zerstört hat, wieder aufzurichten. Und zwar, unter Würdigung des Architekten Knobelsdorf. Da es im Barock vorwiegend um „Fassade“ geht, können wir mit gutem Gewissen hinter die Fassade bauen, was wie heute brauchen. Es geht darum, der Stadtmitte ihr Gesicht zurück zu geben. In der Diskussion liest man immer wieder die Worte „Wir Steuerzahler“. Definieren wir uns immer nur vom Geld her? Sind wir nicht vorerst Bürger,die an dieser Stadt ihre Freude haben wollen? Dann werden wir miteinander Wege suchen, um Träume zu verwirklichen. Wie wäre es, wenn wir einfach anfangen, in der Hoffnung, dass spätere Generationen weiter bauen werden? Wir haben nach dem Krieg die Städte wieder aufbauen können, weil viele mit anfassten. Ein junger Amerikaner, der in einem internationalen Aufbaulager arbeitete, sagte mir damals: „Andere haben Jahre ihres Lebens geopfert, um zu zerstören. Warum soll ich nicht zwei Jahre meines Lebens opfern, um aufzubauen?“. Meinen Sie nicht, dass wir auch heute Menschen finden, denen es Freude macht, aufzubauen? Wilhelm Stintzing, Potsdam Zu: „Unsere Mitte ist mehr als ein Parlarment“, Leserpost, und „Eine reale Chance, Potsdams verwundete Mitte zu heilen“, 25.4. Der Stadtverordnete Ralf Jäkel hat mir aus dem Herzen gesprochen. Vergangenheit und Gegenwart des Alten Marktes werden sehr einseitig und tendenziös gesehen. Die Stadtmitte wurde nicht in der DDR zerstört. Sie wurde den damaligen Möglichkeiten entsprechend erhalten und umgestaltet – sicher unter anderen politischen Gesichtspunkten. Aber der Alte Markt war ein gepflegter Ort der Begegnung mit Grün und vielen Volksfesten. Eine ganze Generation hatte sich an den freien Platz mit Sicht auf die Nikolaikirche und das alte Rathaus gewöhnt. Die Fassade der heutigen Fachhochschule (FH) störte, als sie noch neu war, nicht, denn sie entsprach üblichen Bauweisen dieser Zeit. Niemand hat also diesen Platz als „Brache“ empfunden. Herr Jäkel bezeichnet es als „kleingeistige Politik“ und ich gebe ihm Recht, dass man heute dabei ist, eine neue „Brache“ in der Stadtmitte zu schaffen. Es ist ein Armutszeugnis für die Städtebauer, wenn es ihnen nicht gelingt, auf Vorhandenem etwas Neues zu entwickeln. Ich wünsche mir Stadtverordnete, die die Notwendig- und Zweckmäßigkeit solcher Maßnahmen hinterfragen. Man muss sich doch fragen, warum der ganze Platz für etwa 30 Millionen Euro auf sein ursprüngliches Niveau abgesenkt werden muss. Das macht kaum Sinn, weil es sich nicht mehr richtig in die Umgebung einpasst. Zu Recht weist Herr Jäkel auch auf den unnötigen und unzweckmäßigen Rückbau der Verkehrsanlagen hin. Die Kosten dafür sind noch nicht einmal richtig ermittelt und müssen der Gesamtmaßnahme zugeschlagen werden. Es sind Steuergelder, die anderen Ressorts entzogen werden müssen. Der PNN-Autor schreibt von 14 Millionen Euro Mehraufwand für den Landtag. Dass uns aber der gesamte Umbau des Alten Marktes mindestens 150 Millionen kosten wird und die Rekonstruktion der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude auf dem Brauhausberg nach wie vor ansteht, darüber spricht man nicht. Wie viele dringende Maßnahmen für Kindergärten und Schulen, für Kultur, Sport und Infrastruktur müssen dafür auf der Strecke bleiben? Wenn dann der verhältnismäßig große Baukomplex ohne die historische künstlerische Fassade fertig sein wird, dann wird sie sich genau so gut in die Silhouette der Stadt einfügen, wie die Parkhausfassade des „Potsdam-Centers“. Ich kann nicht erkennen, was für mich, als Bürger der Stadt, an der künftigen Stadtmitte schöner und besser sein soll. Für die nächsten Jahre werden wir uns wohl mit einer riesigen Baustelle am Alten Markt abzufinden haben. Hans Morck, Potsdam
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