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Lesermeinung: Rollstuhl und Tram

„Ist es normal, dass man in Potsdam gedankenlos gegenüber Behinderten ist?“Da ich feuerwerkbegeistert bin, kaufte ich schon vor sechs Wochen zwei Eintrittskarten für die sechste Feuerwerkersinfonie im Buga-Park und überraschte eine Freundin damit.

Stand:

„Ist es normal, dass man in Potsdam gedankenlos gegenüber Behinderten ist?“

Da ich feuerwerkbegeistert bin, kaufte ich schon vor sechs Wochen zwei Eintrittskarten für die sechste Feuerwerkersinfonie im Buga-Park und überraschte eine Freundin damit. Anfangs war die Freude groß, als es aber um die An- und Abreise ging, wurde daraus Enttäuschung und Ärger. Meine Freundin sitzt im Rollstuhl und wir waren auf Niederflurstraßenbahnen angewiesen. Ich rief deshalb schon Ende Juni im VIP-Kundenzentrum an und fragte, wann in der Feuerwerksnacht eine Niederflurbahn vom Buga-Park fahren würde. Mit meiner Frage löste ich aber nur Ratlosigkeit aus, jedenfalls bat man mich zunächst um Geduld. Einige Minute später klärten mich eine VIP-Mitarbeiterin auf: „Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass keine Niederflurbahnen im Veranstaltungskonzept geplant sind. Jedoch haben wir Ihre Anregung für nächstes Jahr notiert.“ Da ich zu dieser Zeit beruflich sehr beschäftigt war, gab ich mich zunächst mit der Antwort zufrieden, hoffte aber, dass mein Anruf das Bewusstsein geweckt haben könnte. Am Feuerwerksabend wurde ich jedoch eines Besseren belehrt. Als wir nach der Veranstaltung hoffnungsvoll an der Haltestelle „Campus Fachhochschule“ ankamen, bot sich uns ein seltsames Bild: Sieben Rollstuhlfahrer und etwa 30 Nichtbehinderte warteten dort. Eine Bahn kam zwar – jedoch keine Niederflurbahn. Leider hatte ich meinen Fotoapparat nicht schnell genug zur Hand, es war ein beeindruckend-trauriges Bild geworden: Sieben Rollstuhlfahrer warteten vor einer Tatrabahn und kamen nicht rein. Sie mussten 20 ungewisse Minuten auf die nächste warten. Als mich einer der Rollstuhlfahrer fragte, „Ist es normal, dass man in Potsdam gedankenlos gegenüber Behinderten ist?“, wusste ich darauf keine Antwort. Wieso hatte die VIP nicht auf meine telefonische Anregung reagiert? In diesem Moment schämte ich mich wirklich für meine Stadt. Als dann endlich eine Niederflurbahn kam, stritten sich die Rollstuhlfahrer um die Plätze. Einer musste weitere zwanzig Minuten warten – nachts in der Landeshauptstadt.

Denis Hanke, Potsdam

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