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Lesermeinung: Schweigepflicht

Spitzel im weißen Kittel, 28.4.

Stand:

Spitzel im weißen Kittel, 28.4. 2008

Selbst wenn der Eid des Hippokrates keine Rechtswirkung besitzt, bleibt sein Anspruch an die Ärzteschaft bestehen. Das Gebot, Kranken nicht zu schaden und die Schweigepflicht sind die Kernelemente der ärztlichen Ethik. Die Schweigepflicht ist das wertvollste Gut, das gegen jegliche der Preisgabe geschützt werden muss. Der Bruch dieser Pflicht ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, durch nichts zu rechtfertigen. Doch welche Lehren zieht die heutige Ärzteschaft und der akademische Nachwuchs aus der Vergangenheitsbewältigung der IM- und NSDAP-Ärzte? Josef Mengele sagte einmal: „Ich will nicht einfach nur erfolgreich sein, sondern ich möchte mich auch von der Masse abheben.“ Es wird beschrieben, dass es seine Leidenschaft war, berühmt zu werden. Sein Ziel bestand darin, eines Tages seinen Namen im Lexikon lesen zu können. Dieses egoistische Karrierestreben dürfte dem ein oder anderen Arzt auch heute nicht unbekannt sein und so stellt sich die Frage: Wie viel „Rückgrat“ hat die Ärzteschaft im Jahr 2008, um zukünftig nicht mehr unter dem Deckmantel von diktatorischen Staatsformen und totalitären Regimen ihr Karrierestreben auszuleben. Dabei verlangt kein Patient von den Weißkitteln, dass sie zu heldenhaft stilisierten Widerstandskämpfern werden! Doch der gleiche Anspruch, welcher an die Zivilbevölkerung besteht, schlicht „menschlich“ zu handeln, um im Extremfall unter Einsatz des eigenen Lebens, der totalitären Willkür mutig die Stirn zu bieten, gilt auch für Ärzte.

Jan Rinsis Ludwig, Potsdam (Charité Berlin)

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