Lesermeinung: Selbstständig arbeitende Eltern benachteiligt
Zu: „Stadt: Elternbeiträge ’leistbar’. Sozialbeigeordnete verteidigt Potsdams Kita-Finanzierung“, 22.
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Zu: „Stadt: Elternbeiträge ’leistbar’. Sozialbeigeordnete verteidigt Potsdams Kita-Finanzierung“, 22.5.10
Die Sozialbeigeordnete Frau Müller hat sicher recht, wenn sie von „selektiver“ Betrachtungsweise in der INSM-Studie spricht. Meine subjektive Faktenauswahl als Kitagebührenzahler betrifft den Umstand, dass Selbstständige hinsichtlich der „Summe der positiven Einkünfte“ gemäß Beitragsordnung eingruppiert werden, die selbst zu leistenden Abzüge für die Altersvorsorge damit aber noch vollständig als Einkommen mitgerechnet werden. Bei Arbeitern und Angestellten ist die Rechnung eine andere: das Fünftel der Rentenbeiträge, bezogen auf den Gesamtlohn, ist schon abgerechnet, wenn die Kitabeiträge erhoben werden. Damit sind selbstständig arbeitende Eltern benachteiligt.
Ich meine, eine Normenkontrollklage vor dem Verwaltungsgericht würde gemäß Gleichbehandlungsgrundsatz nach dem Grundgesetz die gesamte Beitragsordnung zu Fall bringen, da zum Beispiel im Unterhaltsrecht Freibeträge für die Altersvorsorge Selbstständiger angerechnet werden und analoge Rechtsprinzipien gelten müssten. Ich bin nicht gegen die Staffelung: ich fände es aber gerechter, wenn die Beiträge linear auf Grundlage des bereits besteuerten Nettohaushaltseinkommens berechnet würden. Das bundeseinheitliche Steuersystem setzt durch ansteigende Steuersätze das Sozialstaatsprinzip mit Umverteilung zwischen sogenannten „Besser“- und „Geringverdienern“ bereits um; auch da gibt es schon viele, welche keine Steuern zahlen müssen. Durch das Potsdamer „Solidarmodell“ wird der Umverteilungseffekt noch einmal gezielt potenziert, anders als in vielen Kommunen des Umlandes. Die in der Studie untersuchten Gruppen tragen den kostenlosen Kitabesuch von Kindern einkommensschwacher Eltern mit. Dafür sprechen gesellschaftspolitische Gründe, die ich gutheiße. Dennoch sollte es möglich sein, dass sich die Schere nicht allzu weit öffnet, sonst wird es wieder ungerecht für die angeblich „starken Schultern“.
Stephan Grundmann, Potsdam
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