Lesermeinung: Stadtschloss: Fortsetzung der DDR-Architektur?
Zu: „Das Äußere spiegelt nicht das Innere“, 16.2.
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Zu: „Das Äußere spiegelt nicht das Innere“, 16.2.
Was jetzt als Machbarkeitsstudie vorliegt, mag der funktionalen Seite des Projektes gerecht werden, in der äußeren Gestalt wird es den Ansprüchen, den dieser Platz als Potsdams Mitte erfordert, in keiner Weise gerecht. Ich kann nicht glauben, dass dieser Entwurf Wirklichkeit werden soll. Da wird ein Betonklotz an die Stelle des alten Potsdamer Stadtschlosses gesetzt, der die „schönste“ Fortsetzung der DDR-Architektur ist, die südlich des Platzes der Einheit entstanden ist. Der originalgetreue Aufbau der Ostseite ist nur ein Feigenblatt, mit dem man verdecken will, dass man sich von der Wiederherstellung der historischen Stadtmitte von Potsdam verabschiedet hat. Warum diskutiert man 15 Jahre lang, fasst Beschlüsse, wenn dann solch ein Ergebnis herauskommt? Da hätte man ja gleich das zu DDR-Zeiten begonnene Theater weiterbauen können. Ich sehe da keinen Unterschied.
Die schrittweise Wiederherstellung der historischen Stadtmitte, wie sie seit der Wende verfolgt wird, wird so in ihr Gegenteil verkehrt. Man muss den Bau doch in einem gesamtstädtischen Zusammenhang sehen. An historischer Bausubstanz haben wir im Zentrum: Militär-Waisenhaus, Neuer Markt, Marstall, Nikolaikirche und Altes Rathaus. Garnisonkirche und Palast Barberini sollen in historischer Form neu entstehen, an der Friedrich-Ebert-Straße sind Korrekturen geplant. Ein Landtagsneubau auf den Fundamenten des alten Stadtschlosses mit der alten Knobelsdorff“schen Fassade wäre in diesem Zusammenhang die vernünftigste Lösung. Mit diesem Entwurf wird eine weitere architektonische Beliebigkeit geschaffen, an einem Platz, den 200 Jahre lang Knobelsdorff“sche Baukunst prägte. Wie ein Neuaufbau unter Berücksichtigung historischer Strukturen aussieht, können wir in Potsdam an verschiedenen Orten sehen: Heiligengeist-Kirche (Senioren-Zentrum), Breite Straße (Süd-Gebäude der IHK), Platz-der-Einheit (Wilhelmgalerie). Es ist beliebige-moderne Architektur, die keine zusätzliche Touristen in die Stadt locken wird. Ersparen wir uns ein weiteres Beispiel dieser Art!
Wolfram Maede, Potsdam
Teuere, aber historische Variante wählen und mehr Zeit in Kauf nehmen!
Bei allem Für und Wider stelle ich nun fest, dass die Variante, die in den PNN vorgestellt wurde, zu zirka 75 Prozent ein „Kistenbau“ ist. Schade um das Geld. Wenn schon Stadtschloss mit Landtagsnutzung, dann aber mit 100 Prozent historischer Fassade und Dachgestaltung. Gewiss ist das die teuereVariante, aber dann muss die Realisierung eben über einen längeren Zeitraum gestreckt werden.
Die Frauenkirche in Dresden und andere wiederaufzubauende historischen Gebäude wurden auch nicht in kurzer Frist errichtet.
Eines steht jedoch fest: Die in der PNN abgebildete Variante – mit Ausnahme des Fortunaportals – passt sich nur den bereits vorhandenen „Kisten“ an, dient aber nicht der Wiederherstellung der stets so gepriesenen „alten, historischen Mitte“ von Potsdam.
Ob so ein Gebäude ein Touristenmagnet wird, wage ich sehr zu bezweifeln. Es wäre in erster Linie ein Zweckbau mit historischem Anstrich und würde diejenigen vor den Kopf stoßen, die mit Geld und Initiative den ersten Schritt zum Stadtschloss durch den Aufbau des Fortunaportals gewagt haben.
Ich hoffe, dass meine Äußerungen Anlass zum Überdenken des Vorhabens geben.
Klaus Lindner, Potsdam
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