Lesermeinung: Stahnsdorf: Südwestkirchhof als Marke entwickeln!
Der größte Waldfriedhof Europas hat prominente Tote und Artenvielfalt in Flora und Fauna zu bietenBisher hat Stahnsdorf sich nur sehr stiefmütterlich um die Potenziale seines Ortsbildes gekümmert. Stadtmarketing – bei 14 000 Einwohnern kann man ruhig davon sprechen – sucht man hier vergebens.
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Der größte Waldfriedhof Europas hat prominente Tote und Artenvielfalt in Flora und Fauna zu bieten
Bisher hat Stahnsdorf sich nur sehr stiefmütterlich um die Potenziale seines Ortsbildes gekümmert. Stadtmarketing – bei 14 000 Einwohnern kann man ruhig davon sprechen – sucht man hier vergebens. Eines der größten Potenziale, weil ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Kommunen, der Südwestkirchhof, wird bisher wenig für die Interessen des Ortes genutzt.
Der größte Waldfriedhof Europas, der zweitgrößte Friedhof Deutschlands strotzt vor lauter prominenten Toten und wegen seiner reichen Artenvielfalt in Flora und Fauna vor Superlativen. Die Marke „Südwestkirchhof“ könnte den Ortsnamen „Stahnsdorf“ national bis gar international bekannt machen. Nicht nur Touristen, sondern auch die Wirtschaftsfachleute entscheiden ihren Aufenthaltsort nach Attraktivität und Bekanntheit eines Standortes. Das bisherige Millionengrab „Gewerbegebiet Stahnsdorf“ dürfte davon profitieren, wenn gleichzeitig bisher ungenügende Infrastrukturanbindungen (Staukreuzung Stahnsdorfer Hof) adäquat verbessert würden. Die Finanzen der Gemeinde, durch die zuletzt umstrittene Kürzungen im Haushalt vorgenommen werden mussten, würden dadurch deutlich aufgewertet.
Aber zur Entwicklung einer Marke gehört auch die Pflege und die Kommunikation nach Außen und Innen. Der Südwestkirchhof sollte nicht nur auf einer Nebenseite des Internetauftritts der Gemeinde als „Empfehlung für Besucher“ erscheinen. Jeder Bürger und jeder Besucher sollte sofort wissen, dass eines der bedeutendsten Kulturdenkmale von herausragender architektonischer und landschaftlicher Qualität, mit dem Ortsnamen Stahnsdorf verbunden ist. Wann kommt also endlich das braune Hinweisschild an der A 115, das sonst auf Autobahnen auf Sehenswürdigkeiten oder touristische Highlights hinweist? Wer nun meint, wie soll man mit einer Totenstätte für Lebendigkeit im Ort sorgen, der weiß noch nicht um eine der schönsten Parkanlagen vor Sanssouci. Der heute morbide anklingende Friedhof war Anfang des 20. Jahrhunderts die IN-Begräbnisstätte deutschlandweit, wo sich namhafte Persönlichkeiten, wie die Siemens-Familie, einen Ort für die Ewigkeit sicherten.
Für die Entwicklung der Marke „Südwestkirchhof Stahnsdorf“ ist es aber notwendig, die bis 1961 verkehrende S-Bahn-Anbindung nach Berlin wieder in Betrieb zu nehmen. Nur mehr Besucher, als auch eine Steigerung der Begräbnisanzahl könnten den reizvoll gestalteten Waldfriedhof am Rande der Hauptstadt noch für nachfolgende Generationen erhalten.
Dass ein Friedhof auch durch seine Toten lebendig sein kann, bewies nicht zuletzt das Oldtimer-Treffen zum 70. Todestag des Oldtimer-Konstrukteurs und Flugpioniers Rumpler. Ich denke, solche Veranstaltungen sind auch zu weiteren Namen, wie dem Technikunternehmen Siemens, dem Verlagshaus Langenscheidt, dem Lebensmittelhändler Reichelt oder dem Filmstudio Babelsberg (vormals DEFA) möglich. Allerdings muss der Ort dafür vorher ausreichend bekannt und seine bequeme Erreichbarkeit gewährleistet sein. Und: Fluglärm darf diesen sensiblen Ort niemals erreichen! Die Gemeinde steht deshalb an dem Scheideweg, entweder sich im politischen Tagesgeschäft zu verlieren und nur die Kernaufgaben wahrzunehmen, oder aber Visionen für den Ort und seine Bürger zu entwickeln, die den Lebenswert für die Bewohner und die Attraktivität zur Ansiedlung von neuen Unternehmen steigern, um aus Stahnsdorf keine Schlafstadt, sondern eine lebendige Stadt im Grünen zu formen.
Guido Fründt, Stahnsdorf
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