Lesermeinung: Ungeliebte Helden
Die Nation hat viele Helden, mindestens seit Siegfried schon. Die gegenwärtig beliebten Größen aus Sport und Show vermarkten sich selbst in perfekter Weise, tun niemandem weh, bewegen aber auch nichts.
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Die Nation hat viele Helden, mindestens seit Siegfried schon. Die gegenwärtig beliebten Größen aus Sport und Show vermarkten sich selbst in perfekter Weise, tun niemandem weh, bewegen aber auch nichts. Die wirklichen Helden dieser Tage sind andere. Möglich, dass ihretwegen einmal Gedenksteine an ostdeutschen Flüssen stehen und in Heimatkunde Schüler ihre Kurzbiografien hören werden. Es sind– neben anderen – die Aktivisten für den Erhalt der naturnahen, ostdeutschen Flusslandschaften. Sie bringen aalglatte Berufspolitiker in Bedrängnis und lösen bei Wirtschaftsvertretern Albträume aus. Verwaltungsbeamte aus den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen, dem Wasserstraßen- und -neubauamt werden von ihnen zum Kochen gebracht, wenn sie ihnen die wunderschönen Ausbaupläne zerpflücken und die überdeutlich einseitige Verknüpfung mit Wirtschaftsinteressen offen legen. Zwei Namen stehen für das letzte Jahrzehnt ganz vorn: Ernst Paul Dörfler für die Elbe und Rocco Buchta für die Havel. Ernst Paul Dörfler vertritt im Kern das Biosphärenreservat Mittlere Elbe'', mit dem Elbebiber, der Wörlitzer Parklandschaft, den alten Flussschleifen mit den umgebenden, einmaligen Auwäldern. Unvergessen bleiben wird sein unerschrockener, selbstloser Einsatz, gemeinsam mit wenigen Mitstreitern, gegen vorrückende Elbebagger und Uferverschotterung vor allem in den Jahren 2001 und 2002. Er schaut aber auch in Richtung Quelle sowie zur Elbmündung oder zu den anderen, gefährdeten ostdeutschen Flüssen. So stellt er mittlerweile ein Bindeglied zwischen den verschiedenen Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften zum Erhalt naturnaher, ostdeutscher Flusslandschaften dar. Rocco Buchta aus Rathenow überzeugte schon kurz nach Veröffentlichung der Pläne zum Ausbau der Wasserwege nach Berlin für Großgütermotorschiffe und 185-Meter-Schubverbände durch die Vorlage stichhaltiger Analysen zum Naturhaushalt der Havel. Er legte bis ins Detail dar, welchen Einfluss die mit dem Verkehrsprojekt 17 verbundenen Eingriffe auf die Natur haben würden. Auch Ausweichvarianten, wie u.a. flussparallele Kanalbauten, wurden sachkundig behandelt. Das hartnäckige Festhalten von Politik und Wasserstraßenbürokratie am Ausbau der Mittleren Havel wusste. Buchta in eine Freigabe des anschließen, nordwärts gewandten Flussabschnittes bis zur Mündung in die Elbe umzumünzen. Die dort begonnene, nachhaltige Renaturierung wurde zu großen Teilen von ihm vorgedacht und ausgearbeitet. Sie ist als festgeschriebene Ausgleichsmaßnahme für die drohenden Havelausbauten anzusehen. Nach der Realisierung wird die Untere Havel keine Bundeswasserstraße mehr sein. (Man würde sich das u.a. auch für den Potsdamer Havelbogen wünschen.)Dr. Bernd-R. Paulke Potsdam-Eiche Aktionsbündnis gegen den Havelausbau
Dr. Bernd-R. Paulke
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