Lesermeinung: Ungleichheiten
Zu: „Menschen aus Glas“ 16.11.
Stand:
Zu: „Menschen aus Glas“ 16.11. und „Weiße Kragen bleiben weiß“, 1.11.
In dem Beitrag erlebten wir den Alltag einer „Hartz-IV-Detektivin“. Sie wurde uns quasi als Zeugin der Anklage, des Wirtschaftsministers Clement, wider die „ALG-II-Betrüger“ präsentiert. Und es war zu lesen: Immer mehr Jobcenter richten weitere Prüfdienste ein, weil sich das lohnt. Im Jobcenter Berlin-Lichtenberg, so wird stolz berichtet, „erwirtschaften“ vier Prüfer in dreieinhalb Monaten 100000 Euro; macht reichlich 400000 Euro im Jahr.
Am 1. November dagegen beklagte ein Beitrag den Personalmangel bei der Aufklärung von Wirtschaftskriminalität und Korruption in Deutschland an, weil: „Politik und Regierungen unter Druck der Unternehmerlobby offenkundig kein Interesse an der Aufdeckung solcher Straftaten haben“, so Jura-Professorin Bannenberg. Der Frankfurter Oberstaatsanwalt Schaupensteiner, ein anerkannter Experte auf diesem Gebiet, ergänzt: Die Verweigerung von mehr Personal durch die Landesregierung könne nicht mit Kosten zu tun haben. „Wir erwirtschaften ein Vielfaches der Kosten“. Mangelhafte Verfolgung von Wirtschaftskriminellen ebenso wie der Verzicht auf Betriebsprüfungen und Kartellverfahren würde als eine Art Wirtschaftsförderung betrieben. Apropos Betriebsprüfungen: Vier Betriebsprüfer bringen jährlich Einnahmen von durchschnittlich 5 Millionen Euro.
Der geneigte Leser möge sich seine Meinung bilden.
Und, wie sagte doch Herr Platzeck in Karlsruhe: „Wir müssen den Menschen immer wieder geduldig und sehr aufklärerisch, aber auch sehr entschieden, erklären, was geht und was nicht geht“. Dann würden die Menschen auch erkennen, „wer wirklich ernsthaft an der Lösung der Probleme unserer Gesellschaft arbeitet“.
Auf die Erklärung und die Behebung derartig himmelschreiender Ungleichbehandlungen in diesem Lande darf man wohl gespannt sein.
Horst Hilzbrich, Kleinmachnow
Regierung und Koalitionsprogramm
Die neue Regierung und ihr Koalitionsprogramm überzeugen Bürger, Wirtschaft, Opposition und Sozialverbände nicht. Warum? Für Hartz-IV-Empfänger werden künftig aus Einsparungsgründen die Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung erneut gesenkt. Die Bundesagentur wird nur noch Mindestbeiträge entrichten, welche bei einem vollen Jahresbetrag zu einer Rentenanwartschaft von lächerlichen zwei Euro/Monat führen. Den Rentnern werden, wie in den vergangenen Jahren, Rentenkürzungen verordnet, weil keine Rentenanpassung in Höhe des Inflationsausgleiches erfolgen wird. Die Rentenanpassung Ost an West wird auf den Sanktnimmerleinstag verschoben. Mobile Arbeitnehmer verlieren mit der Absenkung der Pendlerpauschale bis zu 500 Euro. Fast jedem wird in die Tasche gegriffen und die Anhebung der Umsatzsteuer setzt dem ganzen die Krone auf. Die so genannte „Reichensteuer“ hat nur eine Alibifunktion, denn mit ihr liegt der Spitzensteuersatz nur bei 45 Prozent, bei Kohl lag er immerhin bei 53Prozent. An die wirklich Reichen traut sich die Regierung nicht ran. Diese Finanzglobalplayer ziehen ihr Kapital aus dem Land ab und leisten keinen Beitrag, gemäß Grundgesetz, dem Allgemeinwohl zu dienen. Mit einer Vermögenssteuer wäre es möglich, allen sozial Schwachen zu helfen und damit die Binnennachfrage anzukurbeln. In einem Land, wo es für Reichtum keine Grenzen gibt, darf es keine Armut geben.
Ingo Korne. Potsdam
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