Lesermeinung: „Unsere Mitte ist mehr als ein Parlament“
Zu: „Die geistige Mitte einer Gesellschaft gehört in das Zentrum der Stadt“, Leserpost, 18.4.
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Zu: „Die geistige Mitte einer Gesellschaft gehört in das Zentrum der Stadt“, Leserpost, 18.4. Wenn Günther Vandenhertz von einer „chaotischen Brache ... noch 60 Jahre nach Kriegsende“ schreibt, dann hat er, meines Erachtens, etwas durcheinander gebracht. Ja, 1945 hat uns der vom deutschen Faschismus angezettelte Weltkrieg eine furchtbare Brache und Trümmerwüste in Potsdams Mitte hinterlassen. Ich danke der Generation meiner Eltern, dass sie die Kraft hatte, Potsdam in der Mitte und in den Stadtteilen wieder aufzubauen. Vieles, wie die Ruinen des Alten Rathauses, der Nikolaikirche und andere Baudenkmale, wurde sorgsam wiederhergestellt. Ich habe Verständnis, dass es damals nicht möglich schien, das Stadtschloss in seiner Größe wiederherzustellen. Da tausende Wohnungen fehlten und in Potsdam zahlreiche original erhaltene Schlösser zu pflegen waren, hat sich das Zentrum anders entwickelt als vor einhundert Jahren. Ab 1975 war der Alte Markt ein gepflegter, mit Springbrunnen und Grünanlagen, gestalteter Ort des Lebens. Regelmäßig fanden Volksfeste und Märkte dort statt. Der Neubau des Theaters war 1990 zu 60 Prozent fertig. Erst kleingeistige Politik hat jetzt, durch Abrisse, Baumfällungen, Erdarbeiten und unterlassene Instandhaltung der umliegenden Gebäude, aus diesem Ort eine neue „Brache“ geschaffen, so wie sie heute zu sehen ist. Ich meine, dass dieses nicht durch den Neubau eines Betonwürfels für den Landtag in den Abmessungen des Schlosses zu heilen ist! Auch den kurzfristigen „Rückbau“ der Straßenkreuzung halte ich nicht für vernünftig. Meine Vision von unserer Mitte ist eine andere: Im Bereich des früheren Schlosses sollte im Rahmen verfügbarer Sponsormittel das Fortunaportal mit seinen Halbbögen und den Kopfbauten ergänzt werden. Das kann man schrittweise und ohne Hast tun. Die Platzfläche sollte mit Pflanzen und einem Springbrunnen belebt werden. Für den Landtag empfehle ich, die interessanten Bauten auf dem Brauhausberg zu rekonstruieren und diese gegebenfalls mit einem Neubau in der Speicherstadt am Havelufer zu ergänzen. Diese sollte auch öffentliche Nutzungen aufnehmen. Dabei kann endlich die furchtbare Brache des Schlachthofes beseitigt und genutzt werden. Zur Vervollständigung des Ensembles kann ich mir eine Fußgängerbrücke über die Leipziger Straße zum Brauhausberg gut vorstellen. Die Bürger sollten wir dabei einbeziehen. Eine solche Entwicklung hilft der Stadtmitte mehr als übereilter Aktionismus auf dem Schlossgrundriss. Ralf Jäkel, Stadtverordneter, Potsdam
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