Lesermeinung: „Weniger ist mehr“ oder „mehr ist zu wenig“
Zur Fotoausstellung „166 Holländer ..
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Zur Fotoausstellung „166 Holländer ... nach 13 Jahren“ im Potsdam-Museum So lobenswert und interessant die Fotoausstellung zur Sanierung des Holländischen Viertels auch sein mag, so fragwürdig und teilweise arrogant ist es, die Sanierungsgeschichte dieses Viertels mit der Stunde Null vor 13 Jahren darstellen zu wollen. Das Motto spricht keck auf der Titelseite des Flyers von 166 Holländern und meint damit alle Grundstücke, in dem eingegrenzten Sanierungsgebiet. Die Große Stadtschule, das Internationale Buch und einiges mehr, sind demnach seit 13 Jahren Holländer! Bliebe man bei der Betrachtung der einst 134 Backstein-Gebäude aus der Zeit des Soldatenkönigs und dazu noch die 21 großen holländischen Häuser von Gontard, so müsste man bescheidener von 155 „Holländern“ sprechen. Wenn im Flyer-Text von der „großen Wiederaufbauleistung des letzten Jahrzehnts “ gesprochen wird, dann ist es verwirrend im Mittelpunkt des Titelbildes das Haus „Mittelstraße 36“, mit den weißen „Stadtbaufenstern“ abzubilden, denn dieses Haus und fast die gesamte Karreeseite war bereits Ende der 80er Jahre durch den damaligen VEB-Stadtbau saniert worden. Da im heutigen Erscheinungsbild des die verschiedenen Sanierungsphasen seit 1973 verschmelzen, sind auch die Leistungen derer, die sich in diesen Jahren um den Erhalt mühten – vom Maurer-Lehrling bis zum Generaldirektor der staatlichen Schlösser und Gärten – mit ins Kalkül zu ziehen. Dementsprechend zeigen die Fotos objektiv einen Rückblick – bis in die 70er Jahre. Eine eindeutig nummerierte Zuordnung zu den Fotos, wäre eine wichtige Orientierungshilfe gewesen. Für diese Ausstellung hätte es genügend statistisches Material gegeben, die Sanierung-Phasen konkret zu benennen. Betrachtet man heute die, nach 15 Jahren teilweise noch leer stehenden Gebäude, dann ist für diese aktuell: „Gefährdungsgrad und Sanierungsaufwand der Substanz wachsen mit jeden weiteren Tag.“ Selbst die klaffenden Kriegs- und Abrisslücken, wie auch die fehlenden einstigen Holländischen Häuser an der Französischen Kirche demonstrieren, wie viel noch bis zur vollständigen Sanierung der „echten Holländer“ zu leisten wäre. Wenn im Flyer als hervorgehobenes Ergebnis zu lesen ist: „Die Autos parken auf der Straße“, dann sieht man auf den Fotos spielende Kinder nur auf der entsprechenden Beschilderung. Von der gigantischen Illuminationsleistung der vergangenen 13Jahre ist nicht ein einziges Foto in der Ausstellung zu sehen. Das Motto „weniger ist mehr“ scheint heute im Holländischen Viertel gesteigert worden zu sein zu „mehr ist zu wenig“, wobei eine derartige Überfrachtung, dem Wildwuchs an Fassaden und kleingärtnerischen Selbstdarstellungsintentionen Einhalt gebietende, Gestaltungssatzung, wie bei ähnlich bedeutenden denkmalgeschützten Bauensembles, nach wie vor auch behördlicherseits nicht zur Diskussion steht. N. Blumert, zuständiger Gebietsdenkmalpfleger für das Holländische Viertel, von 1984 bis 1992
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