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Lesermeinung: Womit hat Potsdam seine Planer verdient?

Zu: „Haus Dietz vor dem Abriss“, 30.10.

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Zu: „Haus Dietz vor dem Abriss“, 30.10. Ich bin Eigentümer dieses Dietz-Hauses. Nach Ihrem Bericht haben sich einige Potsdamer persönlich und auch per Post an mich gewandt, um mich zu bitten, dieses Haus nicht abzureißen. Für diese Bitte habe ich absolutes Verständnis, habe ich doch selbst mit hohem finanziellen Aufwand das Haus grundlegend saniert, was auch erforderlich war, und, soweit möglich, die Straßenfront im ursprünglichen Stil erhalten. Meine Absicht war es, dieses Haus in seiner Wirkung für Potsdam zu erhalten, auch wenn es kein Denkmal ist (der Abriss wäre schon vor sechs Jahren wirtschaftlich sinnvoller gewesen). Doch was macht die Stadtverwaltung? Sie genehmigt in der Leiblstraße ein Bauwerk mit einer Baumasse, Form und Gestaltung, die jedem Denkmalschutzgedanken für das Wohngebiet ins Gesicht schlägt. Das Stadtplanungsamt stellte im Oktober 2009 fest: „Das Vorhaben fügt sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.“ Mitglieder des Bauausschusses äußerten sich mit „Oh Gott“ und „entsetzlich“. Was hat die „Fachleute“ umgestimmt ? Ich habe so meine Vermutung. Die Umgebung ist voll mit denkmalgeschützten Häusern und die Herren und Damen vom Denkmalschutz wollen nur bei der Farbgebung dieses Klotzes mitreden? Was hier unter Mithilfe von Matthias Klipp (Grüne) und Stadtplanungschef Andreas Goetzmann genehmigt und vom Oberbürgermeister Jakobs nicht verhindert wurde, ist die gleiche Baukultur, die schon zu DDR-Zeiten die Bauverwaltung auszeichnete. Rücksichtslosigkeit gegen die Betroffenen, gegen die Geschichte und Denkmäler dieser wunderschönen Stadt.

Noch ein Wort zum Beigeordneten Matthias Klipp, der sich als Grüner parteispezifisch um die Belange von Natur und Umwelt zu kümmern vorgibt. Auf dem Grundstück Leiblstraße 20, 21 standen 15 Bäume, auf dem Nachbargrundstück zwei, für die eine Fällgenehmigung erforderlich war. Sie wurde erteilt. Als Ersatz dafür wurde die Anpflanzung von drei Bäumchen mit einem Stammumfang von 16 bis 18 Zentimetern gefordert. Mehr ging wohl nicht, da auf dem mit Gebäuden zugepflasterten Grundstücken kein Platz mehr ist. Die Grünen sind eben auch nicht das, was sie vorgeben zu sein.

Um auf den Abriss meines Hauses zurückzukommen: Ich leide sicher mehr als alle, die sich den Erhalt wünschen. Ich war hier zu Hause. Der Anblick dieser baulichen Grässlichkeit für den Rest meines Lebens zu ertragen, sorry, aber das kann ich nicht. Und einen Käufer, der das auf sich nimmt, ist leider nicht zu finden. Vielleicht ist ja einer der für diese Baumaßnahme Verantwortlichen bereit, im Haus Dietz zu wohnen und mir meine Investition zu ersetzen - ihm müsste der Anblick dieses (ich zitiere) „entsetzlichen“ Gebäudes ja gut gefallen.

Falls ein denkmalgeschütztes, echtes Bauhaus erhalten bleiben soll, wäre es doch sinnvoll, sich um das Bauhaus Bertinistraße 16 in Potsdam zu kümmern. Das verfällt nämlich und die Verwaltung schaut zu.

Diese Stadt ist wunderschön. Womit hat sie diese Planungsverantwortlichen verdient?

Volker Wiese, Berlin

Keine Provinzposse, ein Skandal

Seit langem gibt es in Potsdam Diskussionen um Denkmalspflege, um Leitbauten, um Bausünden vor 1989 und danach. Viele Debatten sind notwendig und nützlich, selbst wenn die Ergebnisse nicht alle befriedigen. Und manchmal denkt man, die Ereignisse und Diskussionen haben den Charakter einer Provinzposse. Der Abriss des Dietz-Hauses ist keine Provinzposse, sondern ein Skandal. Was ist der Grund für das Vorhaben? Unvermögen der Bauverwaltung oder der Denkmalpflege? Also

letztlich Unvermögen der Rathausspitze? Oder ist es gewollt, aus dem Stadtzentrum all das zu verbannen, was nicht in den echten und den falschen Barock passt? Ein wirklich attraktives Gebäude geht verloren.

Jochen Töpfer, Potsdam

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