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Meinung: Lohn der Mühe

Von Gerd Appenzeller

Stand:

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger hat dem Land Berlin ein Angebot gemacht, dessen Tragweite überhaupt noch nicht abzusehen ist. Was Oettinger gestern in seiner „Hauptstadt-Rede“ formulierte, ist nicht weniger als ein Vorschlag, wie die Gemeinschaft der Länder und des Bundes die Altschulden Berlins und Bremens, aber auch anderer Körperschaften, gemeinsam abtragen kann. Diese Offerte konnte er lediglich deshalb machen, weil das Land Berlin durch den rigorosen Sparkurs von Finanzsenator Thilo Sarrazin in den letzten Jahren die Neuverschuldung bald auf null drücken wird. Sarrazin will dieses Ziel bis Ende des Jahrzehnts erreichen, der gewiefte Haushälter Oettinger hält das für realistisch.

Dass Berlin jetzt vielleicht den Lohn all der Mühen zur Haushaltssanierung einstreichen kann, nur wenige Monate nach dem für die Stadt so schwierigen, weil ablehnenden Karlsruher Urteil in Sachen Schuldenübernahme durch den Bund, ist nur die eine Seite. Die andere ist das Signal, das der wichtigste christdemokratische Ministerpräsident, neben Peter Struck Vorsitzender der Föderalismus-II-Kommission von Bund und Ländern, in Berlin aussandte: Es gibt weiter eine Solidarität zwischen Bund und Ländern und der Länder untereinander. Die in Jahrzehnten aufgehäuften Altschulden kann ein Land wie Berlin nicht aus eigener Kraft alleine abbauen, aber die Stadt braucht einen Anreiz, auf dem Weg der Konsolidierung der Staatsfinanzen weiterzugehen. Wenn Oettinger meint, seine Idee eines Altschuldenfonds und eines vorübergehenden Zuschlags auf die Lohn- und Einkommensteuer sei mehrheitsfähig, kann man davon ausgehen, dass er das Thema nicht nur mit dem Sozialdemokraten Struck, sondern auch im Kreise der Unionsministerpräsidenten diskutiert hat. Oettinger ist der erste Ministerpräsident, der einräumt, dass sein Bundesland von der Teilung Deutschlands profitiert habe, weil früher in Berlin ansässige Industrie nach dem Krieg in den Südwesten zog – und dass Baden-Württemberg deswegen Berlin gegenüber in einer gewissen Bringschuld sei. Auch seine mahnenden Worte mit Blick auf die von Berlin nach wie vor nicht genutzten Chancen im Dienstleistungs-, Kultur- und Hochschulbereich waren hörenswert. Vielleicht lässt sich der Regierende Bürgermeister ja mal das Manuskript schicken. Danke sagen kann er auf jeden Fall schon mal.

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