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Meinung: Parteitag der Grünen: Was Schwarz Grün dankt

Ob das so klug war, was die Grünen gerade zu Einwanderung und Asyl beschlossen haben? "Grüne wollen ursprüngliches Asylrecht wiederherstellen", lauten die Schlagzeilen aus Stuttgart.

Von Robert Birnbaum

Ob das so klug war, was die Grünen gerade zu Einwanderung und Asyl beschlossen haben? "Grüne wollen ursprüngliches Asylrecht wiederherstellen", lauten die Schlagzeilen aus Stuttgart. Sie bewirken, was Schlagzeilen nicht selten tun: Sie erschlagen das eigentlich Gemeinte, nämlich die Forderungen der Partei zum Umgang mit Ausländern und Zuwanderern. Schon läuft die übliche Maschinerie an: Der Innenminister und Ex-Grüne Schily nennt den Beschluss "Unsinn"; auch andere ergreifen gerne den Anlass, die Grünen als unbelehrbare Spinner anzuschwärzen. Zwei Landtagswahlen stehen an - und die in Hessen hatte die CDU vor zwei Jahren mit dem Stammtisch-Thema Einwanderung gewonnen.

Sagen wir es rundheraus: Dies war ein dummer Beschluss der Grünen. Weil er auf wohlfeile Art Gesinnung beweist. Dass das Asylrecht wieder in den Urzustand versetzt wird, glauben nicht mal die Antragsteller. Und doppelt dumm, weil die kleine Regierungspartei bewirkt, was die Union seit Monaten erfolglos versuchte: Das große und wichtige Thema "Zuwanderungspolitik" mit einer kampagnen- und stammtischtauglichen Aufwärmung des alten Asylstreits zu überfrachten.

Dabei waren alle Seiten auf einem guten Weg. Seit Monaten bewegt sich die Union auf Positionen zu, die eine unaufgeregte Sachdebatte erlauben: in der CDU-Zuwanderungskommission unter Leitung des Liberalen Peter Müller, in der Fraktion unter Federführung des Pragmatikers Wolfgang Bosbach. Auch die Union neigt inzwischen der zweiten Ansicht zu, dass das vergleichweise Wenige, was an Missbrauch des Asylrechts noch geschieht, nicht nach der großen Keule Grundgesetzänderung schreit und sich mit ein paar Verfahrenskorrekturen beseitigen lässt. Ebenso die Einsicht, dass Einwanderung nicht nur unvermeidlich, sondern in vielerlei Hinsicht wünschenswert ist, selbst wenn sie nicht die Lösung aller demographischen Probleme dieser Gesellschaft bedeutet.

Aber Vernunft ist das eine, Parteitaktik das andere. Groß ist die Versuchung für eine um Themen verlegene, nach Beweisen von Führungsstärke und Angriffslust hungernde Union, die halb verschütteten Schützengräben wieder freizuschaufeln. Wer Opfer solcher Stellungskriege würde, müssten die Grünen aus böser Erfahrung wissen: Die Ausländer und Flüchtlinge zwischen den Fronten.

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