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Meinung: Rechtlose Mütter, abhängige Väter Von Tissy Bruns

Die Absicht ist gut, das Mittel nicht falsch – und gerade deshalb löst der Vorschlag der Bundesjustizministerin auch Unbehagen aus. Es rührt aus dem Gefühl heraus, dass die Politik der Wirklichkeit nicht nacheilt, sondern hinterherhumpelt.

Die Absicht ist gut, das Mittel nicht falsch – und gerade deshalb löst der Vorschlag der Bundesjustizministerin auch Unbehagen aus. Es rührt aus dem Gefühl heraus, dass die Politik der Wirklichkeit nicht nacheilt, sondern hinterherhumpelt. Natürlich ist die Devise „Kinder zuerst“ beim Unterhaltsrecht richtig. Doch sie wird nicht außer Kraft setzen, dass für viele geschiedene Ehefrauen mangels Kinderbetreuung und Job der Aufruf zur Eigenverantwortung folgenlos bleiben wird. Das aber deutet auf das eigentliche Problem: Das hoffnungslose Durcheinander von Recht, Leitbildern und Wirklichkeit in Deutschland, wenn es um Kinder, Familie, Mütter, Väter geht. Es wäre nachvollziehbar, wenn sich viele geschiedene Frauen von Brigitte Zypries nachträglich enteignet fühlen. Sie können sich auf Rechtsnormen berufen, die ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass verantwortliche Mutterschaft auf das Vatereinkommen angewiesen ist. Zum Beispiel auf das Ehegattensplitting. Oder den dreijährigen Erziehungsurlaub.

Auch bei dieser Maßnahme des Gesetzgebers war die Absicht der damals unionsgeführten Regierung gut. Trotzdem hat sich die deutsche Vorstellung einer langen häuslichen Erziehungspause als Sonderweg entpuppt, der Mütter abhängig und Väter im Konfliktfall rechtlos macht. Mit unerfreulichen Folgen nicht nur auf Scheidungsprozesse, sondern auch auf die Kinderwünsche der jungen Deutschen. Denn die sehen ihre Zukunft von entgegengesetzten Botschaften umstellt: Sie stehen vor einer Einkommensentwicklung, bei der ein Durchschnittsgehalt nicht mehr reicht, um zwei Erwachsene und ein Kind zu ernähren, geschweige denn zwei oder drei. Sie haben ein Elternleitbild verinnerlicht, das gleichberechtigte Liebespaare in traditionelle Rollen zwingt. „Kinder zuerst“, das ist die richtige Devise, weil der Staat den Erwachsenen damit nichts außer der Verantwortung für die Nachkommen vorschreibt. Das muss aber, wofür Familienministerin Renate Schmidt unermüdlich wirbt, nicht nur punktuell, sondern durchgängig gelten.

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