Von Werner van Bebber: Schmitts Trümmer
Berlins CDU liegt wieder am Boden – doch selbst für einen Neubeginn fehlt die Kraft
Stand:
Ingo Schmitt hat sich nie viel darum gekümmert, was andere so denken in der und über die Berliner CDU. Deshalb hat er auch ein paar Wochen gebraucht, um sich zum Rücktritt zu entschließen. Es war höchste Zeit. Ein Parteichef, über den wichtige Leute in der Berliner Union sagen, er sei doch schon „Geschichte“, ist im Amt nicht mehr zu halten. Allzu viel hat er mit diesem Amt ohnehin nicht anfangen können.
Nun steht die CDU wieder da, wo sie in den vergangenen acht Jahren mehrfach stand – in einem personalpolitischen Trümmerfeld. Dass es so kam, lag nicht nur, aber nicht unwesentlich an Schmitt. Friedbert Pflüger hat in seinen beiden Jahren als CDU-Erneuerer und in seinem Amt als Fraktionschef davon abgelenkt, dass die CDU unter einem Modernisierungsproblem leidet. Er hat die Modernisierung von oben versucht. Das ist gescheitert.
Die Berliner CDU schleppt einiges an Problemen mit sich herum. Die Partei besteht aus vier Parteien, mindestens: Das sind die alteingesessenen Bildungsbürger aus dem Westen der Stadt, die Rechtsanwälte, Kunstliebhaber, Universitätsprofessoren. Da sind die kleinen Leute aus den westlichen Innenstadtbezirken, Mittelständler, Selbstständige. Das sind die versprengten Ost-CDU-Mitglieder mit ihrer eigenen Geschichte. Und da sind die sogenannten Neuberliner – Leute bürgerlicher Herkunft und mit bürgerlichem Lebensentwurf, die sich der Partei verbunden fühlen und dann merken, dass die Partei sich an vielen Stellen schwer mit ihnen tut.
So heterogen darf eine Partei nur sein, wenn sie Erfolg hat. Der aber fehlt der Berliner CDU seit Jahren. Längst konkurrieren die Grünen mit der Union, wenn es um die Sympathien bürgerlicher Wähler geht. Stadtpolitik, Bildung, sozialer Ausgleich, der Umgang mit Zuwanderern – da sind die Grünen klarer in ihren Aussagen.
Die CDU, gewiss, ist viel moderner geworden. Aber man muss sich ihr schon sehr interessiert zuwenden, um das zu merken. Ihr fehlen außerdem Führungsfiguren, die diese Modernisierung verkörpern und die so über ihre Partei reden, dass die Leute sich nicht gelangweilt abwenden. Aufgeschlossene Christen, Leute, die von Bildung und Kultur etwas halten, gibt es in der Partei. Aber kaum einer von ihnen wirkt nach außen. Das haben viele in der Partei nicht nur ertragen – es hat sie nicht gestört. Kleines Beispiel: Der Mann, der jetzt die Initiative Pro Reli leitet, Christoph Lehmann, Anwalt, Vater von vier Kindern, offen für Kritik an seiner CDU, gehört zu denen, die Schmitt an den Rand der Partei gedrückt hat. Solche Leute machen eine Partei interessant.
Schmitt allein trägt nicht die Schuld dafür, dass die Berliner CDU so schlecht aussieht. Aber Schmitt hat in seinen vier Amtsjahren keinerlei Bewegung in die Partei gebracht. Er war ohne jede inhaltliche Ambition. Seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger wird viel aufzuholen haben.
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